Frankfurt a.M. (epd). Nach einem Massaker, bei dem die malische Armee offenbar mehrere Hundert Menschen getötet hat, gibt es erneut Zweifel an einem weiteren Bundeswehr-Einsatz in dem westafrikanischen Land. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte bei einem Truppenbesuch in Mali am Samstag, es stelle sich die Frage, ob die Zusammenarbeit mit der malischen Militärregierung, besonders nach den Gräueltaten, mit den Werten der Bundesregierung zu vereinbaren sei. Menschenrechtlern zufolge waren bei einem sogenannten Anti-Terror-Einsatz Ende März in dem Ort Moura 300 Zivilisten getötet worden.
Deutschland ist in Mali an der UN-Stabilisierungsmission Minusma und dem EU-Ausbildungseinsatz EUTM beteiligt. Lambrecht sagte, besonders hinsichtlich der Ausbildung malischer Sicherheitskräfte im Rahmen der EUTM komme die Frage auf, ob die malische Militärregierung das Regime sei, das Deutschland unterstützen wolle. Malische Soldaten würden gut ausgebildet, gingen aber dann mit russischen Sicherheitskräften und möglichen Söldnern in den Einsatz. Berichten zufolge sind in Mali mehrere hundert russische Söldner des Kreml-nahen Wagner-Konzerns stationiert.
Malischen Truppen wird vorgeworfen, zusammen mit verbündeten - mutmaßlich russischen - Bewaffneten in Moura südlich der Stadt Mpoti Ende März 300 Zivilisten getötet zu haben. Die Organisation Human Rights Watch berichtete, hunderte Männer, darunter Bewohner des Ortes sowie Händler, seien von den Streitkräften festgehalten worden. Über einen Zeitraum von mehreren Tagen hätten die Sicherheitskräfte immer wieder Gruppen von bis zu zehn Menschen hingerichtet. Die Menschenrechtsorganisation sprach von der „schlimmsten Gräueltat“ in dem seit Jahren anhaltenden Konflikt. Die malische Militärregierung hatte zuvor erklärt, bei einem Anti-Terrorkampf etwa 200 Islamisten getötet zu haben.
Der UN-Sicherheitsrat hat Medienberichten zufolge unterdessen unabhängige Ermittlungen abgelehnt. Russland und China hätten eine entsprechende Erklärung blockiert, berichtete der französische Sender RFI am späten Samstagabend unter Berufung auf Diplomaten.
In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen zwischen der malischen Übergangsregierung und der internationalen Gemeinschaft zugenommen. Am 17. Februar hatten Frankreich und europäische Partnerländer den Abzug ihrer Truppen aus dem westafrikanischen Land verkündet. Obwohl die UN-Blauhelmmission Minusma und der EU-Ausbildungseinsatz EUTM nicht direkt von der Entscheidung betroffen sind, befeuert der Abzug Frankreichs auch die Debatte um die Zukunft der deutschen Soldatinnen und Soldaten in Mali. Das schon vor der Abzugsentscheidung umstrittene Einsatzmandat für die derzeit etwa 1.100 in Mali stationierten Soldaten läuft Ende Mai aus.