Hamburg (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert angesichts der Verbrechen gegen Zivilisten in der Ukraine einen Prozess gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. „Alle, die für diese Verbrechen Verantwortung tragen, werden sich rechtfertigen müssen“, sagte Steinmeier dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am Freitag in Hamburg. Dazu gehörten Soldaten und Militärbefehlshaber und „selbstverständlich auch diejenigen, die politische Verantwortung tragen“, sagte der Bundespräsident.
Die Bilder aus der ukrainischen Stadt Butscha seien furchtbar, er könne „sie kaum ertragen“, sagte Steinmeier. „Sie verdichten noch einmal, was der verbrecherische Überfall Russlands auf die Ukraine bedeutet, was er an Leid und Tod bringt, auch an Vertreibung. Das macht ungeheuer wütend und traurig.“ Am vergangenen Wochenende waren nach dem Abzug russischer Truppen aus dem Großraum Kiew Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in der Stadt Butscha bekannt geworden. Diese hatten international Entsetzen ausgelöst. Rechtsexperten beschuldigen Russlands Truppen, die am 24. Februar die Ukraine überfallen hatten, eine Reihe von Kriegsverbrechen verübt zu haben.
Steinmeier betonte, vom Krieg in der Ukraine überrascht worden zu sein. „Ich bin Zeuge gewesen der Veränderung der russischen Politik, aber ehrlich gesagt: Ich habe noch auf einen Rest Rationalität von Wladimir Putin gehofft“, sagt der Bundespräsident. „Ich bin nicht davon ausgegangen, dass der russische Präsident den totalen politischen, wirtschaftlichen, moralischen Ruin seines Landes riskiert in einem imperialen Wahn. Der Überfall erschüttert mich.“