Expertin: Angolas Arme profitieren nicht von steigendem Ölpreis

Expertin: Angolas Arme profitieren nicht von steigendem Ölpreis
20 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs hungern in dem Land 1,6 Menschen
01.04.2022
epd
epd-Gespräch: Bettina Rühl

Nairobi (epd). Trotz steigender Ölpreise werden viele Menschen in Angola nach Einschätzung der Politologin Paula Cristina Roque weiter hungern. „Unglücklicherweise werden die Millionen, wenn nicht gar Milliarden Dollar, die aufgrund des gestiegenen Ölpreises nach Angola fließen, nicht dort ankommen, wo sie gebraucht werden, nämlich bei der Stabilisierung der Ernährungslage“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Seit dem Ende des Bürgerkriegs vor 20 Jahren - am 4. April 2002 - habe das Land erhebliche wirtschaftliche und politische Fortschritte gemacht, auch durch die reichen Erdölvorkommen, deren Verkauf etwa 70 Prozent der Staatseinnahmen ausmachen. Trotzdem lebt mehr als ein Drittel der etwa 33 Millionen Angolanerinnen und Angolaner in extremer Armut. Nach UN-Angaben haben fast 1,6 Millionen Menschen nicht genug zu essen.

Dabei erkennt Roque die Aufbauleistung des Landes im Südwesten Afrikas in den vergangenen 20 Jahren an. „Alles, was durch den Krieg zerstört worden war, hat die Regierung mit großem Aufwand wieder aufgebaut“, erklärte sie. „Und zwar mit Hilfe Chinas und zinsgünstigen chinesischen Krediten.“ Das Land habe sich dadurch stabilisiert und für die Wirtschaft geöffnet. Allerdings ist Angola nun massiv verschuldet: Für das laufende Jahr wird die Staatsverschuldung auf knapp 91 Prozent des Bruttoinlandsproduktes geschätzt. Zum Vergleich: In der EU dürfen die Staatsschulden nicht mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen, alles darüber hinaus gilt als wirtschaftlich nicht tragbar.

Neben der hohen Verschuldung sieht Roque ein weiteres Problem: „Was sich nicht entwickelt hat, waren die Bereiche, in denen Interventionen zugunsten der Armen notwendig gewesen wären.“ Folgerichtig gebe es in Angola einen sehr treffenden Ausdruck: „Der Reichtum des Erdöls hat uns nur noch tiefer in die Armut geführt.“ Das sei die Realität, sagt die Analystin. Auch habe sich die Regierung zu sehr auf die Einnahmen aus dem Erdöl verlassen und die Wirtschaft nicht diversifiziert. „Angola ist heute ein Land mit vielen Ungleichheiten, vielen Widersprüchen.“

Vor allem aber habe die angolanische Regierung überproportional viel in die Verteidigung und die staatliche Sicherheit investiert, kritisierte Roque. „Wir geben in Angola mehr für die Verteidigung aus, als für alle sozialen Dienste zusammen.“ Diese Ausgaben seien „für das Überleben der politischen Eliten wichtig“, aber ohne positiven Effekt für die Bevölkerung.