Hannover (epd). Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden einer Krankenkassen-Analyse zufolge unter psychischen Erkrankungen. Von 2019 bis 2020 nahm die Zahl der Angststörungen unter den 13- bis 18-Jährigen um neun Prozent zu, wie die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) am Dienstag in Hannover mitteilte. Bei Essstörungen wie Magersucht und Bulimie wurde in dieser Altersgruppe ein überproportionales Plus von rund 7 Prozent festgestellt. In der Regel zeigen Jahresvergleiche eine Veränderung von maximal 3 bis 4 Prozent.
Die Kasse hat eigenen Angaben zufolge die Daten von rund 200.000 Versicherten im Alter von sechs bis 18 Jahren ausgewertet. Danach waren 13 Prozent der 6- und 18-jährigen KKH-Versicherten 2020 von einer psychischen Erkrankung betroffen. Dazu gehören auch Anpassungsstörungen, Burnout, Depressionen und Schlafstörungen. In Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind mit rund 15 Prozent die meisten Kinder und Jugendlichen erkrankt.
Ob der Anstieg mit der Covid-19 zusammenhängt, ist laut KKH-Psychologin Franziska Klemm zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erwiesen. Unstrittig sei allerdings, dass eine lang andauernde Krise für jüngere Menschen besonders belastend sei. Sie seien auf haltgebende Strukturen angewiesen und könnten bedrohliche Situationen noch nicht einordnen. „Wenn viele Belastungen zusammenkommen und stärkende Faktoren wie der Austausch mit Freunden, Hobbys oder ein geregelter Alltag in der Pandemie wegfallen, kann das die psychische Gesundheit gefährden“, sagte Klemm.
Weitere KKH-Daten zeigen der Psychologin zufolge, dass psychische Erkrankungen bei Jugendlichen bereits seit Jahren zunehmen. Dies sei auf eine zunehmende Sensibilität zurückzuführen, die begrüßenswert sei. Anderseits spielten auch Entwicklungen wie hoher Leistungsdruck durch Schule und Eltern, Mobbing in sozialen Netzwerken, Versagensängste und schwierige Familienverhältnisse eine Rolle. Diagnosen von Depressionen seien bei den 13- bis 18-jährigen von 2010 auf 2020 um fast das Doppelte angestiegen. Es folgten Angststörungen mit rund 83 Prozent, Schlafstörungen mit rund 46 Prozent und Essstörungen mit plus 37,5 Prozent.