Oxfam-Expertin fordert Patentfreigabe auf Arzneimittel gegen Covid

Oxfam-Expertin fordert Patentfreigabe auf Arzneimittel gegen Covid
29.03.2022
epd
epd-Gespräch: Jan Dirk Herbermann

Genf (epd). Die Entwicklungsorganisation Oxfam verlangt mehr Engagement der reichen Länder im globalen Kampf gegen die Corona-Pandemie. Ein möglicher Kompromiss im Streit um die Patentfreigabe auf Arzneimittel gegen Covid-19 in der Welthandelsorganisation sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, sagte Pia Schwertner, Oxfams Expertin für Gesundheitspolitik, dem Evangelischen Pressedienst in Genf.

Der Kompromissvorschlag begrenze die Patentfreigabe jedoch nur auf Impfstoffe gegen Covid-19. Medikamente, Diagnoseverfahren, Behandlungsmethoden und Schutzmittel seien aber ebenso wichtig wie Impfstoffe. „Es ist verheerend, dass lebensrettende Medikamente von der Patentfreigabe ausgenommen werden sollen. Sie sind gerade jetzt in einkommensschwachen Ländern dringend nötig, um zu verhindern, dass weiter Menschen an COVID-19 sterben“, erklärt Pia Schwertner.

In einem sogenannten Ergebnispapier beschreiben die EU, die USA, Indien und Südafrika einen Kompromiss, der den internationalen Streit um die Aussetzung von Patentrechten auf Covid 19-Medizin und medizinische Ausrüstung beilegen soll. Oxfam-Expertin Schwertner sprach jedoch von einer „Entkernung“ des ursprünglichen Antrags.

Um weltweit genügend Impfstoffe bereit zu stellen, hatten Südafrika und Indien im Oktober 2020 bei der Welthandelsorganisation (WTO) einen Antrag für einen so genannten TRIPS-Waiver („Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights“) auf vorübergehende Aussetzung der Patentrechte für COVID 19-Tests, -Behandlungsmethoden und -Impfstoffe gestellt. Inzwischen haben sich nach Schwertners Angaben über 100 Ländern hinter die Forderung gestellt.

Schwertner kritisierte die Bundesregierung, die EU und andere reiche Länder für deren langes Festhalten am Patentschutz. Millionen Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn die Länder mit starker Pharmaindustrie den Patentschutz früh ausgesetzt hätten. In den Ländern des globalen Südens seien genug Fertigungskapazitäten vorhanden, um die Produktion von Impfstoffen, Medikamenten und medizinsicher Ausrüstung hochzufahren. Schwertner äußerte die Hoffnung, dass sich die 164 WTO-Mitglieder bis zu ihrer Ministerkonferenz im Juni in Genf auf einen tragfähigen Kompromiss einigen.