Dresden (epd). Der Berliner Staatsrechtler Christoph Möllers hat sich im Fall des rechtsextremen Richters Jens Maier trotz hoher Hürden für eine Richteranklage ausgesprochen. Zwar sei dieses Verfahren besonders aufwändig und auch für das Bundesverfassungsgericht „in der Sache keine Trivialität“, sagte Möllers am Dienstag bei einer Onlinekonferenz. Doch sei es „die Pflicht der politischen Organe“, eine solche Anklage zu versuchen. Möller hat im Auftrag der Grünen-Fraktion im sächsischen Landtag ein Gutachten zur Richteranklage vorgelegt.
Der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte Maier war bis 2017 Richter am Dresdner Landgericht und saß danach für die AfD im Bundestag. Nachdem er bei der Bundestagswahl 2021 sein Mandat verloren hatte, stellte er einen Antrag auf Rückkehr in den sächsischen Justizdienst. Seit dem 14. März arbeitet er als Richter am Amtsgericht Dippoldiswalde. Damit kamen die Behörden seinem nach dem Abgeordnetengesetz bestehenden Rückkehranspruch nach. Gegen Maier läuft jedoch ein Disziplinarverfahren.
Zudem hatte das Justizministerium beim Dienstgericht für Richter einen Antrag gestellt, Maier in den Ruhestand zu versetzen. Wahrend die beiden ersten Verfahren mehrere Instanzen durchlaufen könnten, ist die Anklage gegen einen Richter ohne Umwege sofort ein Fall für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Allerdings muss ein solches Verfahren vom Parlament angestrebt werden und braucht im sächsischen Landtag eine Zweidrittelmehrheit.
Für einen Erfolg sind die Grünen im Landtag auf die Zustimmung der Koalitionspartner CDU und SPD angewiesen. Zudem hat die Richteranklage Möllers zufolge Vorrang und würde die beiden noch laufenden Verfahren vorerst ruhen lassen. Sie müsse daher vorbereitet werden, sei aber nur zu verfolgen, wenn die anderen Verfahren nach einer Eilentscheidung absehbar nicht zum Erfolg führen und im Ergebnis Maier nicht aus dem Amt entfernten.
Die Richteranklage sei mit Unsicherheiten verbunden, weil sie bisher noch nicht praktisch erprobt worden sei, räumte Möllers ein. Auch sei es für ein Parlament schwerer als etwa für Bundes- und Landesregierungen, die notwendigen Fakten für ein solches Vorfahren zu ermitteln. Für den Grünen-Abgeordneten Valentin Lippman ist der Fall Maier prädestiniert für eine Richteranklage. Allerdings müsse sie zügig und mit „geballter Kraft“ angegangen werden, sagte er.
Grundsätzlich könne ein Richter, der gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstößt, angeklagt werden, sagte Möllers. Gelten würden wegen einer Zweijahresfrist laut Möllers aber zunächst nur die im Herbst 2021 öffentlich formulierten, klar verwertbaren Äußerungen in der Unterstützung des offiziell aufgelösten „Flügels“ der AfD und im Bekenntnis zur „Pegida“-Bewegung. Beide Gruppen stuft der Verfassungsschutz als extremistisch ein.
Er rechne aber damit, dass das Gericht sich auch „die Kontinuität und Klarheit der Äußerungen Maiers“ der vorangegangenen Jahre anschaue und diese in Rechnung stelle, sagte Möllers, der Prozessbevollmächtigter des Bundesrates im NPD-Verbotsverfahren war. Auch habe Maier eine aggressiv-kämpferische Haltung an den Tag gelegt, etwa wenn er Verständnis für den norwegischen Massenmörder und Rechtsextremisten Anders Breivik geäußert habe.
2017 hatte Maier in einer Rede in Dresden die Vergangenheitsbewältigung in Hinsicht auf den Nationalsozialismus eine „gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung“ genannt und einen seiner Meinung nach bestehenden „Schuldkult“ für „endgültig beendet“ erklärt.