Den Haag (epd). Russland muss laut einer Entscheidung des höchsten UN-Gerichts die Kämpfe in der Ukraine sofort einstellen. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag verkündete am Mittwoch eine entsprechende Anordnung in einem Verfahren, das die Ukraine angestrengt hatte. Die Entscheidung ist bindend, kann jedoch bei einer Weigerung Russlands nur schwer eingefordert werden.
Die ukrainische Regierung hatte das Gericht aufgefordert, sogenannte vorläufige Maßnahmen zu verhängen, darunter die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und die Unterlassung weiterer Eskalationen. Die Richter in Den Haag gewährten diese am Mittwoch und ordneten an, dass Russland seine am 24. Februar begonnenen militärischen Operationen auf dem Gebiet der Ukraine einstellt. Moskau muss zudem sicherstellen, dass von Russland unterstützte bewaffnete Gruppen sich ebenfalls an die Anordnung halten.
Ukraine hat Ende Februar unter Berufung auf eine mögliche Verletzung der UN-Völkermordkonvention Klage gegen Russland eingereicht. Die Regierung in Kiew bestreitet die Existenz eines Völkermords in den Regionen Luhansk und Donezk, mit dem Russland den Einmarsch in das Land teils gerechtfertigt hatte. Streitigkeiten über die Anwendung der Völkermordkonvention können vor dem Gerichtshof verhandelt werden, obwohl Russland dessen Zuständigkeit nicht anerkennt. Russland hatte angekündigt, nicht an dem Verfahren teilzunehmen.
Der Internationale Gerichtshof ist das höchste UN-Gericht und verhandelt bei Streitigkeiten zwischen Staaten. Vorläufige Maßnahmen, wie sie das Gericht am Mittwoch anordnete, können verhängt werden, bevor das inhaltliche Verfahren über eine Klage beginnt, um eine mögliche Rechtsverletzung nicht noch zu verschlimmern. Sie können jedoch nur schwer durchgesetzt werden. Bei Verstößen könnte der Sicherheitsrat zwar Sanktionen verhängen. Dies ist aber unwahrscheinlich, weil Russland dagegen ein Veto einlegen könnte.