Viele kritische Fragen an Spiegel im Ahrtal-Untersuchungsausschuss

Viele kritische Fragen an Spiegel im Ahrtal-Untersuchungsausschuss

Mainz (epd). Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) hat in einer mehrstündigen Befragung im Ahrtal-Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags ihre Rolle als rheinland-pfälzische Umweltministerin während der Flutkatastrophe verteidigt. „Es ist absolut falsch und ich weise entschieden zurück, dass ich zu irgendeinem Zeitpunkt eine andere Priorität gehabt hätte, als den Menschen zu helfen“, erklärte sie am späten Freitagabend. Sie räumte zugleich die Echtheit von Chatprotokollen ein, in denen sie sich nach der Flutnacht über das richtige „Wording“ ausgetauscht und vor möglichen Versuchen gewarnt hatte, eine Mitschuld an der Katastrophe ihrem Haus zuzuschieben.

Womit genau die für den Hochwasserschutz zuständige Spiegel in der Flutnacht beschäftigt war, blieb allerdings auch nach der Befragung ein Stück weit offen. Enge Mitarbeiter wussten nicht, wo sie sich aufhielt. Nach eigenen Angaben hatte die Grünen-Politikerin ein Arbeitsessen mit Landtags-Fraktionschef Bernhard Braun, mit dem sie am späten Abend auch noch telefoniert habe. Auch mit ihrem Amtsleiter, Staatssekretär Erwin Manz (Grüne), soll es ein kurzes Telefongespräch gegeben haben.

Aus der Befragung Spiegels und ihrer Mitarbeiter geht hervor, dass das Umweltministerium sich während der Flutkatastrophe im Ahrtal zunächst nicht zuständig für das Geschehen sah. Staatssekretär Manz erklärte dazu vor dem Untersuchungsausschuss, das Ministerium habe nichts mehr machen können, als am Abend des 14. Juli 2021 das katastrophale Ausmaß des Starkregens offensichtlich wurde: „Die Maßnahmen müssen draußen getroffen werden vor Ort.“

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses befragten Spiegel und Manz ausführlich zu einer Pressemeldung des Ministeriums vom späten Nachmittag, in der die Rede davon war, die Lage an den Flüssen im Land sei bedrohlich, es drohe aber kein Extremhochwasser. Zu dem Zeitpunkt, als die von Manz freigegebene Meldung veröffentlicht wurde, war die Situation vor Ort bereits wesentlich dramatischer. Auch Spiegel hatte den Text freigegeben.

Das ganze Ausmaß der Flutkatastrophe sei ihm bewusst geworden, nachdem er von einem Hilferuf der Verbandsbürgermeisterin von Altenahr, Cornelia Weigand, erhalten hatte, die von überfluteten Häusern und durch die Straßen schwimmenden Autos berichtete, sagte Manz. Danach habe es einen kurzen Austausch mit der Ministerin gegeben. In einer von ihm selbst eingereichten Verbindungsübersicht hatte er zuvor gar kein Gespräch mit Spiegel vermerkt, was er auf Nachfrage mit einer „Unachtsamkeit“ begründete.

Der Landtags-Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe an der Ahr soll das Geschehen vom Eintreffen erster Starkregenwarnungen am 10. Juli bis zum Abschluss der Rettungsarbeiten rekonstruieren. Bei der Flutwelle waren allein im Ahrtal 134 Menschen ums Leben gekommen.