Den Haag (epd). Die Ukraine will vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein Ende des russischen Angriffs erzwingen. In der ersten Anhörung forderten die ukrainischen Vertreter am Montag die Verhängung von vorläufigen Maßnahmen durch das Gericht, darunter die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und die Unterlassung weiterer Eskalationen.
Die ukrainische Regierung hatte Ende Februar unter Berufung auf eine mögliche Verletzung der UN-Völkermordkonvention Klage gegen Russland eingereicht. Die Ukraine bestreitet die Existenz eines Völkermords in den Regionen Luhansk und Donezk, mit dem Russland den Einmarsch in das Land teils gerechtfertigt hatte. Streitigkeiten über die Anwendung der Völkermordkonvention können vor dem Gerichtshof verhandelt werden, obwohl Russland dessen Zuständigkeit nicht anerkennt.
Russland hatte in einem Brief an den Gerichtshof am Samstag angekündigt, nicht an den Verhandlungen teilzunehmen und erschien am Montag nicht in Den Haag.
Der Internationale Gerichtshof ist das höchste UN-Gericht und verhandelt bei Streitigkeiten zwischen Staaten. Die von der Ukraine beantragten vorläufigen Maßnahmen wären für Russland bindend. Sie können verhängt werden, bevor das inhaltliche Verfahren über eine Klage beginnt, um eine mögliche Rechtsverletzung nicht noch zu verschlimmern. Sie können jedoch nur schwer durchgesetzt werden. Bei Verstößen könnte der Sicherheitsrat zwar Sanktionen verhängen. Dies ist aber unwahrscheinlich, weil Russland dagegen ein Veto einlegen könnte.
Neben dem Verfahren am Internationalen Gerichtshof hat auch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, der Einzelpersonen verfolgen kann, Ermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angekündigt.