Berlin (epd). Hungerlöhne, kein Zugang zu Toiletten und giftige Pestizide: Beim Verkauf von Wein und Ananas profitieren nach Recherchen der Entwicklungsorganisation Oxfam auch deutsche Supermarktketten von katastrophalen Arbeitsbedingungen auf Plantagen in Lateinamerika und Afrika.
Arbeiter und Arbeiterinnen auf Ananas- oder Traubenfeldern in Costa Rica und Südafrika schufteten für niedrigste Löhne und unter katastrophalen Arbeitsbedingungen, erklärte Oxfam am Dienstag bei der Vorstellung seines Berichts „Grenzenlose Ausbeutung“. Daraus zögen auch deutsche Supermärkte Nutzen, die massiven Druck auf Produzenten ausübten, besonders billig zu produzieren.
Für die Studie verfolgte Oxfam die Lieferketten von Wein und Ananas von den Regalen der Supermärkte bis zu Farmen und Anbaugebieten zurück. Bei Zulieferern aller großen deutschen Supermarktketten hätten Menschenrechtsverstöße nachgewiesen werden können, erklärte die Hilfsorganisation. Sie listet extrem niedrige Löhne und Akkordarbeit mit mehr als zwölf Stunden am Tag ebenso auf wie gesundheitliche Gefährdung und Berichte über Nötigungen und Übergriffe. Wenn sich die Menschen auf den Plantagen gegen diese Missstände wehrten, würden sie massiv unter Druck gesetzt.
Arbeiterinnen im südafrikanischen Traubenanbau berichteten der Studie zufolge beispielsweise, dass sie zu sexuellen Handlungen genötigt würden, um eine Arbeitsstelle zu bekommen. Sie seien außerdem giftigen Pestiziden ausgesetzt und hätten während der Arbeit keinen Zugang zu Toiletten und Trinkwasser. Laut Oxfam stammen 75 Prozent aller in Deutschland verkauften Ananas aus Costa Rica, Südafrika ist für Deutschland der wichtigste Weinexporteur außerhalb der EU.
Unterdessen machten Supermärkte auch in Deutschland auf Kosten der Arbeiterinnen und Arbeiter satte Gewinne, erklärte Studien-Mitautor Steffen Vogel. Von einer Flasche Wein, die für drei Euro verkauft wird, kämen nur circa drei Cent bei Farmarbeiterinnen in Südafrika an.
In Deutschland teilten sich vier große Supermarktketten - Rewe mit Penny, Aldi Süd und Nord, Edeka mit Netto und die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören - 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels, erklärte Oxfam weiter. Mit dieser Marktmacht übten die Supermärkte massiven Druck auf Lieferanten und Produzenten aus. Oxfam forderte die Unternehmen auf, ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht für ihre gesamte Lieferkette umfassend nachzukommen.
Die deutschen Unternehmen gaben mehrheitlich an, den Vorwürfen nachzugehen. Aldi Süd habe „umgehend einen Dialog mit den betreffenden Partnern in der Lieferkette aufgenommen“, teilte eine Unternehmenssprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Auch Aldi Nord erklärte, die „von Oxfam besprochenen Themenkomplexe“ auf „unterschiedlichen Ebenen“ zu bearbeiten. Derweil hieß es von Rewe, die im Bericht beschriebenen Vorkommnisse stellten „klare Verstöße gegen geltendes Recht“ dar. Bei eindeutigen Belegen würden entsprechende Konsequenzen gezogen. Edeka betonte, das Unternehmen sei sehr daran interessiert, dass ihm etwaige Missstände zur Kenntnis gebracht werden, um ihnen umfassend nachzugehen.