Berlin (epd). In der Debatte um eine Erhöhung der Immunität gegen Covid-19 sprechen sich Abgeordnete von FDP, Grünen und SPD für eine Pflicht zur Impfberatung anstelle einer sofortigen Impfpflicht aus. Am Mittwoch präsentierte die Gruppe um den FDP-Politiker und Infektiologen Andrew Ullmann einen entsprechenden Entwurf in Berlin. Es ist der inzwischen fünfte Vorschlag in der Debatte um eine mögliche Ausweitung der Corona-Impfpflicht. Man habe Zweifel an der Verhältnismäßigkeit einer Impfpflicht ab 18 Jahren, wenn zuvor nicht jeder ein Beratungsangebot erhalten habe, sagte Mitinitiator Konstantin Kuhle (FDP). Zudem lasse sich heute nicht seriös voraussagen, inwieweit eine Impfpflicht im Herbst notwendig sei. Der Antrag der Gruppe sieht erst im zweiten Schritt eine mögliche Impfpflicht für Personen ab 50 Jahre vor.
Sie soll aber nur kommen, wenn im Herbst eine neue Infektionswelle und eine dann immer noch zu niedrige Impfquote drohen, das Gesundheitssystem zu überlasten. Dies lasse sich nicht voraussehen, argumentiert die Gruppe. Der Bundestag soll nach ihren Vorstellungen erst dann auf Grundlage der dann aktuellen Erkenntnissen über die Impfpflicht entscheiden. Ullmann sagte, heute lasse sich auch nicht voraussagen, wie hoch die Impfquote dann sein müsse, ob 95 Prozent notwendig seien oder 88 Prozent ausreichten. Aktuell sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts drei Viertel der Bevölkerung vollständig, also in der Regel zweimal, gegen Covid-19 geimpft. Mehr als die Hälfte (55,7 Prozent) hat auch bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten.
Der Entwurf der Gruppe sieht vor, dass die Krankenversicherungen alle Versicherten ab 18 Jahren über Impfungen und die Regel aufklären sollen. Bis zum 15. September müssten dann alle erwachsenen Bürgerinnen und Bürger den Kassen nachweisen, dass sie vollständig - in der Regel dreimal - geimpft oder genesen sind oder eine Impfberatung hatten. Wer das nicht tut, wird mit Bußgeld bestraft.
Eine dann gegebenenfalls notwendige Impfpflicht soll dem Vorschlag der Abgeordneten zufolge aber nur für den älteren Teil der Bevölkerung gelten. Ullmann und seine Mitstreiter halten eine Impfpflicht ab 50 Jahren für ausreichend, weil insbesondere Älteren ein schwerer Covid-19-Verlauf auch verbunden mit einem Krankenhausaufenthalt droht.
Die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta sagte, mit diesem Vorschlag gehe man „wohldosiert“ und „mit Augenmaß“ vor. Die Leipziger Ärztin und Politikerin verwies zudem auf regional unterschiedliche Impfquoten. Eine Impfpflicht müsse auch durchsetzbar sein. Es sei kein Zufall, dass die Mitglieder dieser Gruppe für einen Mittelweg seien, sagte sie mit Verweis auf Mitinitiatoren, die auch aus Sachsen, Bayern und Sachsen-Anhalt kommen. Der Gesetzentwurf, der eine Befristung der Regelung bis 31. Dezember 2023 vorsieht, hat Unterstützung von Abgeordneten aus allen drei Ampel-Fraktionen. Mitinitiiert haben ihn auch Kordula Schulz-Asche (Grüne) sowie die SPD-Abgeordneten Franziska Maschek und Herbert Wollmann.
Bis Ende März soll im Bundestag über eine mögliche Ausweitung der Corona-Impfpflicht entschieden werden. Der bislang weitestgehende Entwurf von Abgeordneten der Ampel fordert eine allgemeine Impfpflicht für alle Erwachsenen. Ein Antrag aus den Reihen der FDP wendet sich gegen eine Ausweitung der Impfpflicht. Union und AfD haben zudem eigene Fraktionsanträge vorgelegt. Die Union fordert die Vorbereitung einer Impfpflicht, die aber erst später und nur bei Bedarf greifen soll. Die AfD lehnt die Impfpflicht ab und will auch die Impfpflicht für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen aufheben, die bereits beschlossen ist und ab Mitte März gilt.