Düsseldorf (epd). Zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie sehen die Bürger das deutsche Krisenmanagement so kritisch wie nie. Waren im April und Juni 2020 noch zwei Drittel der Arbeitnehmer und Selbstständigen mit der Politik zufrieden, sagten das im Januar 2022 nur 31 Prozent, wie aus einer repräsentativen Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Zunächst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über die am Mittwoch in Düsseldorf veröffentlichte Studie berichtet.
Laut der WSI-Befragung, für die den Angaben nach von Anfang bis Mitte Januar dieselben 6.419 Menschen online befragt wurden wie in 2021 und 2020, gibt es mit Blick auf den Zusammenhang von Politikvertrauen und Impfverhalten eine gewisse Kontinuität: Befragte, die bereits vor der Pandemie unzufrieden waren mit dem Management der Bundesregierung, seien auch besonders häufig weiterhin unter Ungeimpften zu finden oder unter denen, die sich gegen eine Auffrischungsimpfung aussprechen. Es scheine sich aber eine neue Gruppe herauszubilden, was die Forscher Andreas Hövermann und Bettina Kohlrausch als Grund zur Beunruhigung beschreiben: Befragte, die bis zu einem bestimmten Punkt der Pandemie noch zufrieden mit dem Krisenmanagement der Regierung waren, hätten im weiteren Verlauf das Vertrauen in die Politik verloren.
Unter den Befragten mit Vertrauensverlust im Verlauf der Pandemie seien überdurchschnittlich viele, die zwar geimpft, aber nicht „geboostert“ seien und auch keine Absicht hätten, sich die dritte Impfung noch geben zu lassen, erklärten die WSI-Forscher. Lediglich vier Prozent in dieser Gruppe äußerte sich aktuell noch zufrieden mit dem Vorgehen der Bundesregierung. Im April 2020 waren es in dieser Gruppe noch 41 Prozent. Selbst bei vollständig Geimpften mit Auffrischungsimpfung halbierte sich im Verlauf von zwei Jahren die Zustimmung zur Corona-Politik von einstmals 73 auf nunmehr noch 38 Prozent.
Aktuell fühlen sich der jüngsten Befragung zufolge gerade Mütter belastet. Jede fünfte Mutter habe im Januar ihre Arbeitszeit reduziert, um ihre Kinder zu betreuen. Einen so hohen Anteil habe es bisher nur während der harten Maßnahmen im April 2020 gegeben, hieß es. Aktuell sind Schulen und Kitas zwar anders als in früheren Pandemie-Phasen meist geöffnet, wegen der hohen Infektionszahlen sind trotzdem viele Kinder wegen Ansteckungen oder Quarantäne zu Hause.
Die Zufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung ist bei Menschen mit Niedrigeinkommen besonders gering. Von einem bereits seit Pandemiebeginn deutlich gering ausgeprägten „Zufriedenheitsniveau“ sei bei Betroffenen mit einem Einkommen von unter 1.500 Euro im Monat die Kurve noch weiter nach unten gegangen, hieß es. So liege in dieser Gruppe die Zustimmung zur Krisenstrategie der Bundesregierung mittlerweile nur noch bei 24 Prozent.
Bei einer erneuten Ministerpräsidentenkonferenz wollten Bund und Länder am Mittwoch über einen Fahrplan für den Wegfall von Corona-Schutzmaßnahmen beraten. Seit einigen Tagen fallen die Infektionszahlen in der Omikron-Welle. Am Mittwochmorgen meldete das Robert Koch-Institut für die zurückliegenden 24 Stunden 219.972 neue Infektionen. Das waren rund 14.300 weniger als eine Woche zuvor. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank bundesweit auf 1.401, im Vergleich zu 1437,5 am Tag zuvor.