Den Haag (epd). Der Internationale Strafgerichtshof hat Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verbrechen der Opposition in Bolivien abgelehnt. Es gebe nicht genügend Hinweise darauf, dass die Voraussetzungen für ein Ermittlungsverfahren erfüllt seien, teilte Chefankläger Karim Khan am Montagabend in Den Haag mit. Die bolivianische Übergangsregierung hatte im September 2020 den Strafgerichtshof aufgefordert, Ermittlungen wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen durch Mitglieder der Partei von Ex-Präsident Evo Morales, „Movimiento al Socialismo“ (MAS), aufzunehmen.
Die Übergangsregierung warf der Opposition in dem Antrag vor, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Corona-Krise verantwortlich zu sein. Die Opposition soll den Dokumenten zufolge durch gezielte Straßensperren während der Pandemie den Zugang zur Gesundheitsversorgung behindert und damit im August den Tod mehrerer Menschen verursacht haben. Die Übergangsregierung bezeichnete die Blockaden als unmenschliche Handlungen, die vorsätzlich große Leiden oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit verursacht hätten.
Chefankläger Khan erklärte nach Abschluss eines Vorermittlungsverfahrens am Montag, seine Untersuchungen hätten ergeben, dass es sich nicht um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handele. Die Beschuldigungen - selbst wenn sie bewiesen würden - seien keine Handlungen, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung stattgefunden hätten, wie es die Definition von Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorsieht.
Der Strafgerichtshof in Den Haag kann Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression verfolgen. Staaten können das Gericht selbst mit Ermittlungen beauftragen, wenn die nationalen Behörden nicht in der Lage sind, einen Prozess zu führen.