Hannover (epd). Der Göttinger Angstforscher Borwin Bandelow ist überzeugt, dass die deutsche Gesellschaft die Corona-Krise psychisch relativ unbeschadet überstehen wird. „Ich glaube, dass wir zu 90 Prozent wieder in den ganz normalen Zustand zurückkommen“, sagte Bandelow der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Montag). Die Zahl der Suizide und der Depressionserkrankungen habe sich anders als befürchtet kaum verändert. „Man kann sagen, zwölf Prozent der Menschen haben eine Angststörung, neun Prozent eine Depression. Doch das war auch schon vor der Pandemie so.“
Die psychiatrischen Kliniken hätten keinen besonderen Zulauf erhalten, betonte der Angstforscher der Universität Göttingen. „Ich glaube, dass der kommende Sommer von fröhlichen Partys bestimmt wird und dass die Corona-Jahre ganz schnell aus dem Gedächtnis geraten.“ Zwar würden die Bürger vermutlich über Jahre gegenüber Infektionskrankheiten besonders wachsam sein. Viele würden deshalb weiterhin Masken tragen. „Aber dass gravierende psychische Schäden bleiben, glaube ich nicht.“
Allerdings bereite ihm die Heftigkeit der Polarisierung zwischen Geimpften und nicht Geimpften Sorge, sagte Bandelow. Das ziehe sich tief durch die Gesellschaft in einem Maß, das er nicht erwartet habe. Die Ungeimpften fühlten sich zunehmend isoliert und würden ausgegrenzt. Das treibe sie in die Arme der Rechtsradikalen. Sie suchten sich neue Freunde. Um dazuzugehören nähmen sie auch deren Meinungen an - „so verquer diese auch sein mögen“.