Berlin (epd). Das Umweltbundesamt fordert für eine Reduzierung der Feinstaubbelastung der Luft in Deutschland weitere Anstrengungen. Mit den klassischen Maßnahmen seien die neuen von der Weltgesundheitsorganisation gesteckten Ziele für die Luftqualität nicht zu erreichen, sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messer, am Donnerstag bei einer Online-Präsentation der deutschen Luft-Statistik. In den Fokus nahm er die Holzbefeuerung. „Wir sollten darauf verzichten, Holz zu verheizen“, sagt Messner. Problematisch sei zudem die Feinstaubbelastung durch Reifenabrieb im Verkehr, die auch durch Elektromobilität nicht reduziert werde.
Messner präsentierte eine zwiespältige Bilanz zur Luftqualität in Deutschland. Sie verbessert sich nach seinen Angaben zwar seit Jahren. 2021 wurde demnach an keiner Messtation mehr der Grenzwert für Feinstaubbelastung überschritten. Die Stickstoffdioxid-Grenzwerte wurden nach den noch vorläufigen Zahlen nur noch in München und Ludwigsburg überschritten. Im Jahr zuvor hatten auch Limburg und Darmstadt die Grenzwerte überschritten. Für beide Städte fehlen noch die Daten für das vergangene Jahr. Hamburg und Stuttgart, die 2020 ebenfalls die Stickstoffdioxidwerte gerissen hatten, lagen 2021 im grünen Bereich.
Die auf dem Papier guten Werte werden aber durch neue Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) relativiert. Messner erläuterte, die WHO habe im September nach wissenschaftlichen Maßgaben neue Grenzwerte mit dem Ziel veröffentlicht, maximalen Gesundheitsschutz zu erreichen, während die deutschen Indikatoren seit 20 Jahren nicht geändert worden seien. Legt man die WHO-Maßstäbe an, werden die Werte für gesunde Luft Messner zufolge in Bezug auf Feinstaub an 40 bis 100 Prozent der deutschen Messstationen überschritten, in Bezug auf Stickstoffdioxid an 78 Prozent der Stationen.
Immerhin habe es in Deutschland auch 2019 noch 53.800 vorzeitige Todesfälle durch eine dauerhafte Belastung mit Feinstaub gegeben, sagte Messner. EU-weit seien es mehr als 300.000 Todesfälle gewesen. Die Grenzwerte müssten also angepasst werden.
Während für die Stickstoffdioxidbelastung vor allem Energieerzeugung und Straßenverkehr verantwortlich sind, resultiert die gesundheitsschädliche Feinstaubbelastung auch aus der Landwirtschaft, dem Heizen mit Holz und dem Reifenabrieb im Straßenverkehr. Holzbefeuerung und Reifenabrieb, der unabhängig vom Motor bei jedem Auto entsteht, verursachen nach Angaben des Umweltbundesamtes jeweils sogar höhere Feinstaubbelastungen als die Abgase aus dem Auspuff.
Messner forderte deshalb in beiden Punkten eine Reduktion oder einen Verzicht sowie eine Beachtung der Luftqualität auch bei Maßnahmen, die dem Klimaschutz dienen sollen. Er stellte die Förderung für Pellet-Heizungen infrage. Die Holzbefeuerung sei zwar ein Nullsummenspiel, was die Kohlenstoffdioxid-Emissionen angehe, sagte Messner. Sie verursache aber eben Feinstaub.
Die Deutsche Umwelthilfe forderte, die deutschen Grenzwerte den neuen WHO-Richtlinien anzupassen. Das sei ein „klarer Auftrag an die Bundesregierung“, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er befürchtet nach eigenen Worten zudem, dass die Belastung der Luft in deutschen Städten wieder steigt, wenn Corona-Einschränkungen wegfallen.