Scholz zur Impfpflicht im Gesundheitswesen: Gesetze sind einzuhalten

Scholz zur Impfpflicht im Gesundheitswesen: Gesetze sind einzuhalten
Die Auseinandersetzung um die berufsbezogene Impfpflicht geht weiter. Hinter dem Bund-Länder-Streit verbergen sich viele offene Fragen für die Betroffenen - und zum Rechtsstaats-Verständnis des bayerischen Ministerpräsidenten, meint der Kanzler.

Berlin (epd). In die Debatte um die Impfpflicht für Pflegekräfte und Gesundheitspersonal hat sich am Mittwoch in Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingeschaltet. Er forderte den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und die Bundesländer auf, geltende Gesetze einzuhalten. Unterdessen ist weiter offen, wie Länder und örtliche Behörden die Regelungen konkret umsetzen sollen. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann forderte, die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer müssten vorher geklärt werden. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen kritisierte Söders Ankündigung, den Vollzug der Impfpflicht auszusetzen, als „ungeheuerlichen Vorgang“.

Scholz ließ den stellvertretenden Regierungssprecher Wolfgang Büchner erklären: „Wir gehen davon aus, dass Gesetze eingehalten werden. Das ist einer der Vorzüge des deutschen Rechtssystems.“ Es gebe eine gültige gesetzliche Regelung, die vom Bundestag und Bundesrat beschlossen worden sei und zum 16. März wirksam werde. Zu diesem Stichtag müssen Beschäftigte unter anderem in Pflegeheimen, Kliniken und Behinderteneinrichtungen nachweisen, dass sie vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind.

Söder hatte am Montag angekündigt, die Umsetzung der Impfpflicht werde in Bayern zunächst ausgesetzt, und dies unter anderem mit drohenden Personalengpässen begründet. Seitdem hat sich der Streit zwischen den Bundesländern und mit dem Bund verschärft. Zuletzt plädierte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) dafür, die Impfpflicht bundesweit auszusetzen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Söders Vorstoß scharf kritisiert und den Ländern Hilfe für eine möglichst einheitliche Umsetzung zugesagt.

Wie diese aussehen soll, ist weiter offen. Ein Sprecher Lauterbachs verwies auf den Ermessensspielraum der Gesundheitsämter, denen die nicht geimpften Beschäftigten gemeldet werden sollen. Ob und wie diese weiterbeschäftigt werden könnten, müsse im Einzelfall von den Einrichtungen entschieden werden, sagte er weiter. Was sich daraus etwa für die Frage von Lohnfortzahlungen oder möglichen Kündigungen ergibt, werde wiederum im Einzelfall von Gerichten geprüft, erklärte eine Sprecherin des Arbeitsministeriums.

Der DGB-Chef Hoffmann forderte Klarheit: „Es kann nicht sein, dass die Betriebe zu Vollzugsgehilfen werden für den Staat bei der Kontrolle der Impfpflicht mit der Konsequenz, dass Beschäftigte am Ende keinen Lohn erhalten oder im schlimmsten Fall entlassen werden. Da gibt es erheblichen Klärungsbedarf“, sagte er in Berlin. Der DGB steht einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht kritisch gegenüber und spricht sich für eine allgemeine Impfpflicht aus.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Dahmen kritisierte Söders Abkehr vom Impfpflicht-Gesetz als „ungeheuerlichen Vorgang“. Das sei so, als dürfe man in Bayern neuerdings bei Rot über die Ampel fahren, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im Kern stelle Söder in Frage, ob der Staat per Gesetz beschlossene Regeln durchsetzen müsse. Das gehe weit über das Thema Pandemie und die Akzeptanz von Corona-Regeln hinaus, warnte Dahmen: „Da wird die Axt angelegt an Grundfesten unseres Rechtsstaates und an demokratische Prinzipien.“

Mit Blick auf das nächste Spitzentreffen von Bund und Ländern zur Corona-Politik in der kommenden Woche sagte Dahmen, wenn aus den Ländern konkrete Vorschläge kämen, wie man nachbessern könne, könne man darüber reden. Es könne aber nicht darum gehen, das Gesetz zur berufsbezogenen Impfpflicht außer Kraft zu setzen oder die mögliche Einführung einer allgemeinen Impfpflicht abzuwarten. Dahmen gehört im Bundestag zu den Initiatoren eines Antrags für eine Impfpflicht ab 18 Jahren.

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die ebenfalls der fraktionsübergreifenden Gruppe angehört, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Online Mittwoch, Print Donnerstag), sie sei sicher, dass eine allgemeine Impfpflicht wie geplant mithilfe der Krankenkassen gut umsetzbar sei: „Länder, Kommunen und Gesundheitsämter werden dadurch nicht überfordert.“ Gelten soll die Impfpflicht Strack-Zimmermann zufolge vom 1. Oktober dieses Jahres an.