München (epd). Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat ein Ausscheren seines Bundeslandes bei der ab Mitte März geltenden Corona-Impfpflicht in Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Pflege angekündigt und dafür Kritik vom Bund geerntet. „Auch die bayerische Landesregierung sollte das beschlossene Gesetz ernst nehmen“, reagierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag auf die Erklärung Söders. Auch die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Sachsen-Anhalts Ressortchefin Petra Grimm-Benne (SPD), kündigte an, an der bundesweit einheitlichen Umsetzung der Impfpflicht für Pflegekräfte festhalten zu wollen. Söders Vorstoß rief aber auch Forderungen nach einer bundesweiten Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht hervor.
Die Impfpflicht, die für das Personal unter anderem in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen gilt, tritt Mitte März in Kraft. Träger dieser Einrichtungen müssen nicht gegen Corona geimpfte Mitarbeiter dann dem Gesundheitsamt melden. Bis zuletzt beklagten Träger offene Fragen, etwa danach, ob ungeimpftes Personal dann gekündigt werden kann. Für die Umsetzung sind die Länder zuständig. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums können sie zwar in Einzelfällen über Übergangslösungen entscheiden. Eine Verzögerung des grundsätzlichen Inkrafttretens hatte Lauterbach aber wiederholt ausgeschlossen.
Söder begründete seine Ankündigung, das im Dezember von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz vorerst nicht umzusetzen, unter anderem mit der Sorge vor einer Abwanderung von Fachkräften. Außerdem sei die Impfpflicht für Pflegekräfte „kein wirksames Mittel mehr, um die jetzige Omikron-Welle zu begleiten oder zu dämpfen oder zu stoppen“, sagte er nach einer Sitzung des CSU-Parteivorstands in München.
Lauterbach hielt dem CSU-Chef entgegen, laxe Vollzugsregeln könnten das Leben Älterer und Schwacher gefährden und gefährdeten die Glaubwürdigkeit von Politik. „Es geht um den Schutz von Patienten und Heimbewohnern“, betonte der Bundesgesundheitsminister. Grimm-Benne sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag), das Gesetz werde wie geplant realisiert. „Wer jetzt die gemeinsam beschlossene Impfpflicht in Frage stellt, setzt die Glaubwürdigkeit von Politik aufs Spiel“, erklärte die Ministerin.
Kritik kam auch von der Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Claudia Moll (SPD). „Ich warne vor Alleingängen einzelner Bundesländer bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Vor einem Flickenteppich von unterschiedlichen Regelungen in verschiedenen Bundesländern warnte auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. „Wir erwarten, dass sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten klar auf der nächsten Bund-Länder Konferenz zu einer einheitlichen Umsetzung verständigen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Die Konferenz soll am Mittwoch kommender Woche stattfinden.
Wegen noch offener Fragen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht forderte die Deutsche Stiftung Patientenschutz in Reaktion auf Söder derweil, das Gesetz komplett aufzuheben. Weder der Vollzug noch die arbeitsrechtlichen Folgen, „geschweige denn die Auswirkungen des Ausfalls zehntausender von Pflegekräften wurden bedacht“, sagte Vorstand Eugen Brysch dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Dienstag). Bund und Länder müssten ihren Fehler revidieren und das Gesetz zurücknehmen. Eine komplette Aussetzung der teilweisen Impfpflicht forderte auch die stellvertretende Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Gitta Connemann (CDU), die der Impfpflicht wie die überwiegende Mehrheit der Fraktion im Dezember zugestimmt hatte.