Bochum (epd). Angesichts der weltweiten ökologischen Herausforderungen muss sich die globale Wirtschaft nach Einschätzung der Bochumer GLS Bank einer umfassenden Neuausrichtung unterziehen. Die jüngsten Probleme mit Unterbrechungen von Lieferketten und Transportwegen sowie Rohstoffengpässen hätten gezeigt, wie sehr das Wirtschaftssystem „auf Kante genäht“ sei, sagte der Vorstandssprecher der nach eigenen Angaben weltweit ersten Ökobank, Thomas Jorberg, bei Vorlage der Bilanz am Dienstag.
Gebe es an einer Stelle einen Engpass, werde das ganze System schnell instabil, sagte Jorberg. Daher werde der Um- und Ausbau der Ökonomie hin zu mehr Kreislaufwirtschaft und der Einsatz erneuerbarer Energien insgesamt immer dringlicher. „Angesichts von Klimakrise, Gesundheitskrise und der Gefährdung des Friedens durch Nationalismus brauchen wir eine tiefgreifende Transformation statt oberflächliche Symptombekämpfung.“ In Deutschland müssten die Genehmigungsverfahren für die Erneuerbaren einfacher und schneller werden: „Wind auf die Fläche, Photovoltaik auf die Dächer - so beschleunigen wir die Energiewende.“
In die Kritik nimmt die GLS Bank die Pläne der EU für die vorgesehene Einstufung von Atomenergie und Gas als grüne Energien. Damit vergebe die EU die „historische Chance“ für ein vertrauenswürdiges Siegel als Mindeststandard für nachhaltige Geldanlagen und zukunftsweisende Investitionen, kritisierte Jorberg. Die Folge sei ein unwirksames und wettbewerbsverzerrendes „Greenwashing“. Entsprechende Bedenken hatten auch zahlreiche Naturschutz- und Umweltverbände sowie Greenpeace geäußert.
Einen Fehler sieht Jorberg auch in der Konstruktion, dass das künftige Siegel in seiner aktuellen Planung nur große, börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern berücksichtige. Kleinere Firmen blieben dagegen außen vor. Somit werde ein großer Teil der grünen Geldanlage gar nicht abgedeckt.
Die GLS Bank („Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“) sieht sich im Wettbewerb um Finanzangebote für mehr Nachhaltigkeit weiter gut im Rennen. Sie finanziert laut eigenen Angaben nur sozial-ökologisch orientierte Unternehmen. Das Geschäftsmodell zeigte sich auch 2020 erfolgreich. Laut Bilanz stieg das Kreditvolumen gegenüber 2019 um fünf Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Rund die Hälfte der vergebenen Darlehen entfielen auf die Geschäftsfelder erneuerbare Energien, Soziales und Gesundheit sowie Ernährung.
Auch im Geschäft mit nachhaltigen Anlageprodukten konnte die GLS Bank 2020 erneut punkten. Das entsprechende Fondsvolumen stieg im Vergleich zum Jahr zuvor um 63 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Insgesamt kam das 820 Mitarbeiter zählende Geldinstitut auf eine Bilanzsumme von 9,2 Milliarden Euro - ein Plus von 15 Prozent. Der Zinsüberschuss legte von 92,3 auf 100,3 Millionen Euro zu. Die Zahl der Kunden stieg im Jahresvergleich um 15 Prozent auf 321.000.