Sahel-Experte: Putsch in Burkina Faso destabilisiert Region weiter

Sahel-Experte: Putsch in Burkina Faso destabilisiert Region weiter
25.01.2022
epd
epd-Gespräch: Moritz Elliesen

Frankfurt a.M., Niamey (epd). Der Militärputsch in Burkina Faso ist laut dem Sahel-Experten Ulf Laessing absehbar gewesen. „Es rumort schon lange in der Armee“, sagte Laessing, der das Regionalprogramm Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung leitet, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag in Niamey. Seit 2015 habe sich die Sicherheitslage in dem westafrikanischen Land dramatisch verschlechtert. Viele Soldaten seien unzufrieden, weil sie sich im Kampf gegen die Dschihadisten von der Regierung im Stich gelassen fühlten.

In Burkina Faso hatte das Militär am Montagabend nach der Festnahme des Präsidenten Roch Marc Christian Kaboré erklärt, die Macht übernommen zu haben. Begründet wurde der Schritt mit der schlechten Sicherheitslage. Unter den Soldaten sei die Frustration nach dem Anschlag mit Dutzenden Toten auf eine Gendarmerie im November enorm gewachsen, sagte Laessing. Nach dem Angriff sei öffentlich geworden, dass die dort stationierten Sicherheitskräfte wochenlang nicht versorgt wurden.

Gleichzeitig sei der Rückhalt in der Armee für die Putschisten noch unklar. „Wir wissen nicht, ob das Militär geschlossen hinter den neuen Machthabern steht“, sagte Laessing. Dass die Putschisten die Sicherheitslage im Land verbessern oder für eine bessere Ausrüstung und Versorgung der Armee sorgen, bleibe wegen struktureller Probleme abzuwarten. Der Experte warnte davor, dass dschihadistische Kämpfer sich über den Süden des Landes auch in den Nachbarstaaten Ghana und Togo festsetzten. „Die ganze Region könnte weiter destabilisiert werden.“

Zugleich warnte der Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung davor, dass der Putsch in Burkina Faso die Militärs in anderen westafrikanischen Ländern zur Machtergreifung ermuntern könnte. „Es besteht die Gefahr, dass das Modell weiter Schule macht“, sagte er. Vor allem die Länder der Sahel-Region kämpften mit vergleichbaren Problemen wie weitverbreiteter Armut, dschihadistischen Aufständen und den Folgen des Klimawandels. Die Armee sei in den Ländern mit schwachen staatlichen Strukturen ein wichtiger Machtfaktor. In Guinea und Mali sind bereits Militärregierungen an der Macht.

Der Putsch in Burkina Faso zeige abermals, dass auch die europäische Sahelpolitik überdacht werden müsse, sagte Laessing. Der Bundeswehreinsatz in Mali im Rahmen der Blauhelm-Mission Minusma trage zu Stabilisierung bei, aber weder das militärische Engagement, etwa im Rahmen der Ausbildungsmission EUTM, noch Entwicklungsprogramme hätten die Situation wirklich verbessert. Alternative Ansätze zu entwickeln, sei aber schwierig, räumte er ein. Strukturellen Konflikten wie Armut oder den Folgen des Klimawandels komme man weder militärisch noch mit Demokratisierungsprogrammen bei.