Marburg (epd). Bei der Impfung gegen das Coronavirus treten einer Studie zufolge häufig eingebildete unerwünschte Nebenwirkungen auf, sogenannte Nocebo-Effekte. Eine Forschungsgruppe um den Marburger Psychologen Winfried Rief habe zwölf wissenschaftliche Artikel ausgewertet, die über unerwünschte Nebenwirkungen bei Studien zu Impfstoffen gegen das Coronavirus berichten, teilte die Universität Marburg am Donnerstag mit. An diesen Studien hätten rund 45.000 Probanden teilgenommen, die Hälfte erhielt statt des tatsächlichen Impfstoffs ein Placebo, also ein Scheinmedikament.
Trotzdem klagten 35 Prozent der Teilnehmer aus den Placebo-Gruppen über Nebenwirkungen, wie die Universität berichtete. Bei denjenigen, die tatsächlich den Impfstoff erhielten, klagten nur wenig mehr Menschen, nämlich 46 Prozent, über Nebenwirkungen. Meist handelte es sich um Kopfschmerz und Müdigkeit.
„Unerwünschte Nebenwirkungen nach einer Placebobehandlung kommen in klinischen Arzneimittelstudien häufig vor“, erklärte das Autorenteam. „Das Ergebnis unserer Analyse sollte bei öffentlichen Impfprogrammen berücksichtigt werden.“ Denn die Sorge um unerwünschte Wirkungen sei ein Grund für die mangelnde Impfbereitschaft gegen das Coronavirus.
Wissenschaftler sprechen vom Nocebo-Effekt, wenn beispielsweise allein durch die negative Erwartungshaltung des Patienten Nebenwirkungen auftreten, obwohl das verabreichte Medikament keinen Wirkstoff enthielt.