Corona-Lage: Kein Grund zur Entwarnung

Corona-Lage: Kein Grund zur Entwarnung
Mit der Omikron-Variante kommt Deutschland in eine neue schwierige Phase der Pandemie. Es gibt Hoffnung, aber keine Entwarnung. Bleibendes Problem ist der hohe Anteil ungeimpfter Menschen, insbesondere unter den Älteren.

Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht Deutschland relativ gut aufgestellt im Umgang mit der Omikron-Ansteckungswelle in der Corona-Pandemie, gibt aber zugleich keine Entwarnung. Dafür gebe es keinen Grund, sagte er am Freitag in Berlin, wo er gemeinsam mit dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, und dem Berliner Virologen Christian Drosten Auskunft zur Corona-Lage gab. Zwar sei es durch Kontaktbeschränkungen und Auflagen wie die Maskenpflicht gelungen, die Welle zu verlangsamen, um Zeit für die Boosterkampagne zu gewinnen, erklärte Lauterbach. Andererseits könne der hohe Anteil an Ungeimpften schneller zu mehr Krankenhauseinweisungen führen als in anderen Ländern. Ähnlich äußerte sich RKI-Präsident Wieler.

Lauterbach sagte, wenn man auf eine Überlastung des Gesundheitswesens zusteuere, müsse gegengesteuert werden. Derzeit sei es nicht notwendig, die geltenden Maßnahmen zu verschärfen. Er forderte eine konsequente Umsetzung der 2G-plus Regel, wonach auch Geimpfte und Genesene für Restaurantbesuche und in anderen Bereichen einen negativen Test vorweisen müssen, sofern sie nicht geboostert sind.

RKI-Chef Wieler erläuterte, die Omikron-Variante sei inzwischen für mehr als 70 Prozent der Ansteckungen verantwortlich und werde in wenigen Tagen bundesweit dominieren. Die Fallzahlen seien „so hoch wie nie“. Gegenwärtig sei einer von 100 Menschen infiziert, dies seien aber nur die gemeldeten Fälle, so Wieler. Er appellierte erneut an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen und verwies auf die aktuellen Zahlen des Intensivregisters, wonach knapp zwei Drittel der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen nicht geimpft sind.

Der Virologe Drosten erklärte, den bisher gut wirksamen Kontaktbeschränkungen in Deutschland stünden als Nachteile der hohe Anteil an Ungeimpften und die Altersstruktur gegenüber. Drei Millionen über 60-Jährige seien gar nicht geimpft, fast neun Millionen Menschen in dieser gefährdeten Altersgruppe fehle die dritte Impfung, die gut gegen Omikron schütze: „Das ist nicht gut“, sagte Drosten. Angesichts der Impflücken könne Deutschland nicht riskieren, das Virus einfach laufenzulassen. Entscheidend sei, wie die Impfungen vorankämen.

Am Freitag meldete das RKI für die zurückliegenden 24 Stunden 92.223 Neuinfektionen, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg bundesweit auf 470,6 von 427,7 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. 286 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus, womit sich die Zahl der Corona-Toten in Deutschland auf 115.337 erhöhte. Aktuell sind in Deutschland laut RKI 72,3 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Mindestens 45,1 Prozent haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Unterdessen dringen nach den Krankenhäusern und Berufsverbänden in der Pflege auch private Pflegeheimbetreiber auf eine schnelle Entscheidung über eine allgemeine Corona-Impfpflicht. Sie müsse innerhalb der nächsten vier Wochen getroffen werden, forderte der Präsident des Verbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer. Die Heimbetreiber fürchten die Abwanderung von Beschäftigten, wenn es allein bei der Mitte März wirksam werdenden Impfpflicht für das Personal im Gesundheitswesen bleibt.

Die Entscheidung über die Impfpflicht liegt beim Bundestag. Das Parlament will Ende Januar eine Orientierungsdebatte führen und voraussichtlich im März entscheiden.