New York, Genf (epd). UN-Generalsekretär António Guterres hat die radikalislamischen Taliban in Afghanistan zur Anerkennung und zum Schutz der grundlegenden Menschenrechte aufgefordert. Die Taliban, die jetzt das Land beherrschen, müssten vor allem die Rechte der Mädchen und Frauen achten, verlangte Guterres am Donnerstag in New York. Zuvor hatte ein Sprecher bestätigt, dass die UN und die Taliban über die Verteilung der milliardenschweren humanitären Hilfe in Afghanistan sprechen.
Guterres betonte, dass überall in Afghanistan Mädchen vom Schulbesuch und Frauen von Arbeitsstätten ausgeschlossen seien. Wissenschaftlerinnen, Juristinnen und Lehrerinnen könnten nicht mehr in ihren Berufen wirken. Eine ganze Generation von Mädchen erlebe ein Platzen ihrer Träume. Alle Mädchen und Frauen in Afghanistan müssten Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und beruflichen Chancen haben, forderte der UN-Generalsekretär.
Die UN seien bereit, den Taliban bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu helfen, erklärte Guterres. Die fundamentalistischen Taliban hatten im August vergangenen Jahres die Macht in dem Land am Hindukusch wieder an sich gerissen. Seitdem sind Hilfsgelder in Milliardenhöhe eingefroren.
Der Sprecher des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha), Jens Laerke, bestätigte dem epd, dass die Weltorganisation Gespräche mit allen relevanten Beteiligten, „darunter die De- facto-Behörden“ der Taliban führten. Er bestätigte ein Treffen von UN-Vertretern mit den Taliban am Mittwoch, bei dem die De-facto-Machthaber einen gemeinsamen Ausschuss über die Hilfslieferungen vorgeschlagen hätten. Noch hätten die UN aber keine konkreten Einzelheiten des Vorschlages erhalten.
Die UN erkennen die Taliban nicht als rechtmäßige Regierung des Landes am Hindukusch an. Zudem sind die Islamisten Ziel internationaler Sanktionen. Am Dienstag hatte der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths die Weltgemeinschaft zur Unterstützung der notleidenden Menschen in Afghanistan aufgerufen. Internationale Geber müssten den UN für die Anschaffung dringend benötigter Lebensmittel, Medikamente und anderer humanitärer Güter einen Betrag von fünf Milliarden US-Dollar (4,4 Milliarden Euro) zur Verfügung stellen.
Laut Griffiths sollen in diesem Jahr 22 Millionen Kinder, Frauen und Männer in Afghanistan und knapp sechs Millionen Flüchtlinge in der Region Hilfen erhalten. Rund 4,4 Milliarden US-Dollar (3,9 Milliarden Euro) seien für die Hilfe in Afghanistan vorgesehen. Das sei der größte jemals veröffentlichte UN-Hilfsaufruf für ein einzelnes Land. Rund 600 Millionen US-Dollar (530 Millionen Euro) veranschlagen die UN für die Versorgung afghanischer Flüchtlinge in den Nachbarländern.