Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Politik zu einer breiten Debatte mit der Bevölkerung über die mögliche Einführung einer Corona-Impfpflicht aufgefordert. Gerade weil man über eine einschneidende Maßnahme spreche, müsse man an die Begründung besonders hohe Ansprüche stellen, sagte Steinmeier am Mittwoch in Berlin. Der Ausnahmezustand der Pandemie erhöhe zwar den Druck auf staatliches Handeln. Dieser ersetze aber nicht die Notwendigkeit, Argumente zu wägen und Interessen auszugleichen. „Impfpflicht bedeutet Debattenpflicht“, mahnte Steinmeier.
Das Staatsoberhaupt wollte sich bei einer Diskussion über die Impfpflicht mit sieben Bürgerinnen und Bürgern, die teilweise digital zugeschaltet waren, am Mittwoch im Schloss Bellevue selbst nicht auf ein Ja oder Nein zur allgemeinen Impfpflicht festlegen. Das gebiete der Respekt vor dem politischen Prozess, sagte Steinmeier. Die Entscheidung über eine Impfpflicht liegt beim Bundestag. Dort soll Ende Januar eine Orientierungsdebatte stattfinden. Angedacht sind Gruppenanträge, über die die Abgeordneten am Ende - vermutlich nicht vor März - allein nach ihrem Gewissen ohne Fraktionsdisziplin abstimmen sollen.
Weil die Corona-Impfpflicht über lange Zeit von Verantwortlichen in Bund und Ländern ausgeschlossen worden sei, müssten die Argumente jetzt umso deutlicher im öffentlichen Raum diskutiert werden, sagte Steinmeier. Parlamente, Parteien und Regierungen seien gefordert, ihre Argumente mit denen zu diskutieren, die von dieser weitreichenden Maßnahme betroffen wären. „Eine solche außerordentliche Maßnahme stellt unseren Staat auch in eine außerordentliche Pflicht vor seinen Bürgerinnen und Bürgern“, sagte Steinmeier.