Oldenburg (epd). Der Oldenburger Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler hat davor gewarnt, Impfkritiker „in eine kriminelle Ecke“ zu drängen. „Was manche Impfgegner sagen, muss mir nicht gefallen; aber als Demokrat muss man aushalten, dass es geäußert wird“, sagte der Jura-Professor der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“ (Dienstag). Durch eine Kriminalisierung verlören Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in die Demokratie. „Das beschädigt auf längere Sicht die Demokratie.“
Boehme-Neßler rief die Demonstranten dazu auf, ihre Kundgebungen ordnungsgemäß als Versammlungen anzumelden. Sie seien ein politisches Grundrecht und durch das Grundgesetz besonders geschützt. „Letztlich stärker als Spaziergänge“, fügte der Jurist hinzu.
Natürlich gebe es Spaziergänge, bei denen Menschen über politische Themen sprächen. „Aber wenn Montag für Montag zu bestimmten Uhrzeiten Menschen an bestimmten Stellen zusammenkommen und politische Inhalte verbreiten, scheint mir eine Planung und eine bewusste Verabredung zugrunde zu liegen“, betonte der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Oldenburg. Das seien dann Demonstrationen, die dem Versammlungsrecht unterlägen.
Allerdings sei die Demonstrationsfreiheit nicht grenzenlos, betonte Boehme-Neßler. „Wenn zum Beispiel die Maskenpflicht missachtet und die Mindestabstände nicht eingehalten werden und auf mehrfache Aufforderung keine Reaktion erfolgt, hat die Polizei das Recht, das Treffen - egal, ob es sich Spaziergang oder Demonstration nennt - aufzulösen.“ Eine weitere Grenze werde überschritten, wenn bei den Versammlungen verfassungsfeindliche Inhalte verbreitet würden.