Köln, New York (epd). Das UN-Kinderhilfswerk Unicef beklagt anhaltende Kinderrechtsverletzungen weltweit und eine zum Teil zunehmende Gewalt gegen Kinder in Kriegsgebieten. Für das zu Ende gehende Jahr lägen zwar noch nicht alle Daten vor, erklärte Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore am Freitag in New York. Aber allein im Jahr 2020 hätten die Vereinten Nationen 26.425 schwere Verstöße gegen Kinder offiziell dokumentiert. In den ersten drei Monaten dieses Jahres sei die Zahl der bestätigten schweren Verstöße zwar leicht zurückgegangen. Doch die Fälle von Entführung und sexualisierter Gewalt stiegen im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres in alarmierendem Maß an, nämlich um mehr als 50 beziehungsweise zehn Prozent.
Jahr für Jahr zeigten Konfliktparteien eine erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber den Rechten und dem Wohlergehen von Kindern, erklärte Fore. „Kinder leiden, und Kinder sterben aufgrund dieser Gefühllosigkeit. Es muss alles getan werden, um sie zu schützen.“ Unicef rufe alle Konfliktparteien dazu auf, formale Aktionspläne zu entwickeln und umzusetzen. Dazu zählten Maßnahmen, um schwere Verstöße gegen die Kinderrechte zu verhindern, Kinder aus bewaffneten Streitkräften und Gruppen zu befreien und sie vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Jegliche Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen müssten aufhören. Seit 2005 seien nur 37 solcher Pläne von Konfliktparteien unterzeichnet worden.
Erst in der vergangenen Woche waren Berichten zufolge vier Kinder unter den Opfern, als im Osten Myanmars mindestens 35 Menschen getötet wurden, darunter zwei Mitarbeiter der Hilfsorganisation Save the Children, wie Unicef erklärte. Die meisten Entführungen gab es in diesem Jahr laut Unicef in Somalia, gefolgt von der Demokratischen Republik Kongo und den Ländern des Tschadseebeckens (Tschad, Nigeria, Kamerun und Niger). Die meisten bestätigten Fälle von sexualisierter Gewalt gab es demnach in der Demokratischen Republik Kongo, in Somalia und der Zentralafrikanischen Republik.
Seit 2005 dokumentieren die Vereinten Nationen schwere Kinderrechtsverletzungen in Konfliktgebieten, wie Unicef erläuterte. Seither wurden 266.000 Fälle in mehr als 30 Konfliktsituationen in Afrika, Asien, dem Nahen Osten und in Lateinamerika offiziell verifiziert. In Afghanistan sei die Zahl der bestätigten minderjährigen Opfer von Gewalt seit 2005 mit mehr als 28.500 am höchsten, hieß es. Das seien 27 Prozent aller bestätigten Fälle weltweit.
Im Jahr 2020 waren weltweit Sprengkörper, Blindgänger und Munitionsrückstände für fast 50 Prozent aller minderjährigen Opfer verantwortlich. 37 Prozent der von den Vereinten Nationen verifizierten Entführungen führten zu einer Rekrutierung der Kinder für den Krieg. In Somalia, der Demokratischen Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik waren es sogar mehr als 50 Prozent der Fälle.