Berlin (epd). Fünf Jahre nach dem islamistischen Anschlag am Berliner Breitscheidplatz sind erneut Klagen der Opfer und ihrer Angehörigen über deren Behandlung durch die Behörden laut geworden. „Hilflos und ohnmächtig müssen die Opfer und die Angehörigen zusehen und miterleben, wie der Terror für die Geschädigten weitergeht“, zitiert der „Tagesspiegel“ (Mittwoch) aus einem Schreiben des Opfer-Psychologen Rainer Rothe an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Rothe betreut laut dem Zeitungsbericht mehr als zehn Opfer des Anschlags vom 19. Dezember 2016 und Berliner Opfer des Anschlags von Nizza im selben Jahr.
Er beklagt demnach „fatale und menschenverachtende Umgangsformen der Behörden“. Für manche Betroffene sei dieser Umgang genauso retraumatisierend wie der Anschlag selbst. Die Opfer und ihre Angehörigen fühlten sich „hilflos und ohnmächtig“.
So fehle in vielen Institutionen Fachwissen in der Traumatherapie. Hilfe sei zum Teil gar nicht oder erst nach Monaten oder gar Jahren geleistet worden. Keines der Opfer habe einen Lotsen oder Fallmanager zur Seite gestellt bekommen. Nach einer eigenen Befragung des Berliner Psychologen lagen zwischen Anschlag und Therapiebeginn im Durchschnitt 357 Tage, also knapp ein Jahr. 18 von 23 Befragten hätten sich irgendwann anwaltliche Hilfe gesucht.
Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche jährt sich am Sonntag zum fünften Mal. Am 19. Dezember 2019 hatte der tunesische Islamist Amis Amri einen Sattelschlepper in die Besuchermenge gesteuert. Die Zahl der Todesopfer liegt inzwischen bei 13, mehr als 60 Menschen wurden verletzt.