Todesfälle in Thüringer Heim: Patientenschützer fordern Aufklärung

Todesfälle in Thüringer Heim: Patientenschützer fordern Aufklärung
In einer Thüringer Seniorenresidenz sollen im November 18 Bewohner an Corona gestorben sein. Angehörige sollen von Impfungen abgeraten haben. Der Ruf nach Aufklärung wird lauter.

Rudolstadt, Berlin (epd). Nach einer Reihe Corona-bedingter Todesfälle in einem Thüringer Seniorenheim dringt die Deutsche Stiftung Patientenschutz auf Aufklärung. „Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht zu erfahren, was da los war“, sagte Vorstand Eugen Brysch am Wochenende dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sei gefordert, „dass jetzt unverzüglich alles auf den Tisch gelegt wird“.

In der K&S Seniorenresidenz in Rudolstadt-Cumbach sollen zwischen 5. und 25. November insgesamt 18 Bewohnerinnen und Bewohner an Covid-19 gestorben sein, laut Presseberichten auch, weil Angehörige zuvor von Impfungen abgeraten hätten.

Nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“ soll mehr als ein Drittel der 141 Heimbewohner nicht geimpft sein. Aktuell seien sechs Bewohnerinnen und Bewohner infiziert. Unter Berufung auf das Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt heißt es in dem Bericht, von den 18 Toten seien 14 nicht oder nur einmal geimpft gewesen. Doppelt geimpft waren demnach drei Betroffene, eine Person hatte eine Booster-Spritze erhalten.

Eine Sprecherin der K&S Seniorenresidenzen sagte der „Bild am Sonntag“: „Ich kann bestätigen, dass Verwandte den Betroffenen empfohlen hatten, sich nicht impfen zu lassen.“ Allen Bewohnern seien mehrfach Impfangebote gemacht worden. „Es handelt sich um eine bewusste Entscheidung der Bewohner, deren Angehörigen oder Betreuer. Es liegt nicht an Terminengpässen“, sagte die Sprecherin des Betreibers demnach. Auch ein mobiles Impfteam soll laut Thüringer Sozialministerium bereits am 20. Oktober für Booster-Angebote im Heim gewesen sein.

Nach Ansicht von Patientenschützer Brysch muss geklärt werden, ob Betreuer oder Verwandte Impfungen verhindert hätten. In dem Fall stelle sich die Frage, warum vom Gesundheitsamt oder dem Heimbetreiber nicht frühzeitig das Vormundschaftsgericht eingeschaltet wurde, sagte Brysch dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Er betonte: „Da die Impfquote, auch bei der Auffrischungen, in der Einrichtung so gering war, stellt sich die Frage, ob im November tägliche Tests für alle Mitarbeiter, Besucher und Bewohner durchgeführt wurden.“ Der Patientenschützer verlangte, Gerüchten in sozialen Netzwerken durch Aufklärung zu begegnen: „Also Fakten gegen Fake News.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich im „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) erschüttert über die Vorfälle in dem Heim und sprach von „völliger Unvernunft“: „Hier war offenbar weder den Angehörigen noch der Heimleitung ausreichend bewusst, dass sie Leben auf Spiel setzen. Das ist unverzeihlich.“ Der scheidende Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), zeigte sich ebenfalls im RND „ein Stück weit sprachlos“ über die Vorgänge.