Berlin (epd). Führende Virologen und Epidemiologen haben die von Bund und Ländern beschlossenen Kontaktbeschränkungen nur für Ungeimpfte kritisiert. „Es ist ein Fehler, Kontaktbeschränkungen für Geimpfte auszuschließen“, sagte Virologe und Stiko-Mitglied Klaus Überla dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Freitag). Inzwischen trete fast die Hälfte der symptomatischen Infektionen bei Geimpften auf. „Die Geimpften spielen eine beträchtliche Rolle bei der Ausbreitung des Virus“, unterstrich der Virologe.
Überla pochte auf Maßnahmen unabhängig vom Impfstatus, wie es sie bereits im Berufsleben gibt: „Während wir am Arbeitsplatz durch Homeoffice und Hygienemaßnahmen die Übertragungen reduzieren, brauchen wir auch die Möglichkeit, Kontaktbeschränkungen für Geimpfte im privaten Bereich zu verhängen.“
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck warnte allerdings: „Die Kontakteinschränkungen bergen die Gefahr, dass sich jetzt Ungeimpfte ins Private zurückziehen.“ Dass die Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich zu kontrollieren seien, bezweifelte Streeck. „Wir riskieren Übertragungen unter Ungeimpften, die keinen Grund mehr haben, sich testen zu lassen, sondern durch 2G ausgeschlossen werden.“
Der Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie kritisierte ebenfalls die mangelnde Überprüfbarkeit von Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich. „Es wäre besser gewesen, Kontaktbeschränkungen für alle zu verhängen, also auch für Geimpfte und Genesene“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk. Dies könnte leichter überprüft werden und sorge zugleich besser für ein Absinken der Infektionen. Alternativ sei auch eine regionale Regelung abhängig vom Infektionsgeschehen sinnvoll.