Gütersloh (epd). Der Anteil der Mittelschicht an der deutschen Bevölkerung ist laut einer Studie zwischen 1995 und 2018 um sechs Prozentpunkte auf 64 Prozent zurückgegangen. Das Abstiegsrisiko habe vor allem in der unteren Mittelschicht zugenommen, erklärte die Bertelsmann Stiftung bei der Veröffentlichung der Analyse am Mittwoch in Gütersloh. Umgekehrt hätten sich die Chancen für Menschen, binnen vier Jahren in die Mittelschicht aufzusteigen, um mehr als 10 Prozentpunkte auf rund 30 Prozent verringert.
Die Studie „Bröckelt die Mittelschicht?“ betrachtet die Mittelschicht im Zeitraum zwischen 1995 und 2018 sowie die Auswirkungen der Corona-Krise. Die Untersuchung verwendet eine einkommensbasierte Definition der Mittelschicht. Um zu dieser Gruppe zu gehören, war demnach für eine alleinstehende Person 2018 ein Monatseinkommen von 1.500 bis 4.000 Euro netto nötig, für ein Paar mit zwei Kindern ein verfügbares Einkommen zwischen 3.000 und 8.000 Euro.
Die Mitte habe sich nicht erholt, obwohl die Wirtschaft zwischen Finanz- und Corona-Krise um durchschnittlich zwei Prozent im Jahr gewachsen und die Arbeitslosigkeit gesunken sei, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Zwischen 2014 und 2017 seien 22 Prozent der Menschen in dieser Gruppe im erwerbsfähigen Alter in die untere Einkommensgruppe abgerutscht und seien somit arm oder von Armut bedroht. Gefährdet seien Menschen, die unter Berücksichtigung der Haushaltsgröße zwischen 75 und 100 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben, hieß es. Im Vergleich mit 23 weiteren OECD-Ländern schrumpfte die Mittelschicht den Angaben zufolge nur in Schweden, Finnland und Luxemburg stärker als in Deutschland.