Bischof Meyns: Zu früh für Veränderungen bei Missbrauchs-Aufarbeitung

Bischof Meyns: Zu früh für Veränderungen bei Missbrauchs-Aufarbeitung

Bremen (epd). Der Sprecher des Missbrauch-Beauftragtenrates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christoph Meyns, möchte vorerst an den Strukturen für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt festhalten. Es sei noch ein bisschen zu früh, um Konsequenzen aus dem vorläufigen Scheitern der Betroffenenbeteiligung auf der Ebene der EKD zu ziehen, sagte Meyns am Sonntag in einer Online-Pressekonferenz zu Beginn der EKD-Synode.

Zunächst wolle der Beauftragtenrat die Ergebnisse einer externen Expertise abwarten, die derzeit erstellt werde. Man habe eine Expertin für Beteiligungsverfahren beauftragt, die Gründe zu untersuchen, die zum Aussetzen des Betroffenenbeirats im Mai geführt hätten. Dazu befrage die Expertin sowohl die ehemaligen Mitglieder des Betroffenenbeirats als auch die Mitglieder des EKD-Beauftragtenrats. Neun von zwölf Betroffenen hätten zugesagt, an der Evaluation mitzuarbeiten.

Wann die Expertise vorliegt, konnte Meyns noch nicht sagen. Wichtiger als Schnelligkeit sei Gründlichkeit, sagte der Landesbischof der braunschweigischen Landeskirche. Im Anschluss an die Expertise solle es eine moderierte Aussprache zwischen den ehemaligen Mitgliedern des Beirats und dem EKD-Beauftragtenrat geben.

Die EKD hatte im Herbst 2020 einen zwölfköpfigen Betroffenenbeirat etabliert, der als Gegenüber zum Beauftragtenrat an der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt mitwirken sollte. Dessen Arbeit war jedoch im Mai vorläufig von der EKD ausgesetzt worden, nachdem es zu mehreren Rücktritten gekommen war. Gründe dafür waren unter anderem die nicht geklärte Art der Beteiligung, aber auch finanzielle Ressourcen.

Einige Betroffene, darunter auch Mitglieder des ausgesetzten Beirats, hatten am Sonntagvormittag in einer eigenen Pressekonferenz das Vorgehen der EKD und den Stand der Aufarbeitung kritisiert. Die beauftragte Expertin könne aus Sicht der Betroffenen keinerlei Fachlichkeit im Bereich sexualisierter Gewalt aufweisen. Begleitet werde diese dazu von einer Traumatherapeutin. „Betroffene werden immer wieder auf ihr reales oder angenommenes Trauma reduziert“, sagte Katharina Kracht, die Mitglied des Betroffenenrats war.

Henning Stein, ebenfalls Mitglied des ausgesetzten Betroffenenbeirats, sagte, er habe den Eindruck gewonnen, dass die EKD kein Interesse an einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe habe.

Auf der seit Sonntag digital tagenden EKD-Synode wird der Stand der Aufarbeitung am Montagnachmittag im Plenum diskutiert. Die EKD hatte im Mai betont, am Prinzip der Betroffenenbeteiligung an der Aufarbeitung festzuhalten. Bislang sind 942 Fälle sexualisierter Gewalt innerhalb der EKD bekannt.