Bremen (epd). In seinem letzten Bericht vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich der scheidende Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm selbstkritisch zum Stand der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der eigenen Institution geäußert. „Wir sind noch nicht so weit gekommen, wie wir wollten“, sagte der bayerische Landesbischof am Sonntag vor der tagenden Synode. „Viel zu oft ist das damit verbundene Unrecht in unseren eigenen Reihen nicht gesehen worden, oder man wollte es nicht sehen“, sagte Bedford-Strohm. Man sei „mitten in einem umwälzenden Lernprozess“, und es liege noch ein weiter Weg vor der Kirche.
Der Umgang mit Missbrauch ist eines der Themen der bis Mittwoch andauernden Tagung der Synode, die von der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmer erneut digital absolviert wird. Nach einem positiven Corona-Test nach einer vorbereitenden Sitzung verblieb am Freitag nur ein kleiner Teil der Teilnehmer, darunter Bedford-Strohm, am ursprünglich geplanten Tagungsort in Bremen.
Die evangelische Kirche hatte 2018 einen Maßnahmenplan zur Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt verabschiedet, der unter anderem eine Beteiligung Betroffener vorsah. Im Frühjahr wurde der zwischenzeitlich gegründete Betroffenenbeirat der EKD nach Auseinandersetzungen bereits wieder ausgesetzt. Bedford-Strohm sagte, er hoffe, dass aus dem gescheiterten ersten Anlauf einer Betroffenenbeteiligung gelernt und eine neue Form der Partizipation entwickelt werde, in der kritische Impulse „noch stärker zu Veränderungen in unserer Institution führen“.
Bedford-Strohm ergänzte, es sei nachvollziehbar, dass die Kirchen unter den betroffenen gesellschaftlichen Organisationen beim Thema Missbrauch im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden hätten. Zugleich sprach er sich für eine „Verbreiterung der gesellschaftlichen Diskussion“ aus. Der 61-Jährige kandidiert bei den ebenfalls bei der Synode anstehenden Ratswahlen nicht erneut für das Spitzenamt in der evangelischen Kirche, bleibt aber Landesbischof in Bayern.