Berlin, Lindau (epd). Die Gesundheitsminister der Länder haben sich auf das Vorgehen bei den Corona-Auffrischungsimpfungen und dem Schutz von Pflegeheimen verständigt. Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), sagte am Freitag in Lindau, es solle Auffrischungsimpfungen für alle geben, deren zweite Impfung mehr als sechs Monate her ist. In der Stadt am Bodensee hatten die Gesundheitsminister zwei Tage beraten.
Holetschek nannte die Corona-Lage „dramatisch“. Ältere und vorerkrankte Menschen sowie medizinisches und pflegerisches Personal müssten die Booster-Impfungen schnell erhalten. Im Zentrum stehe die sehr schwierige Lage auf den Intensivstationen und in den Alten- und Pflegeeinrichtungen. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, vor dem Land lägen „schwere Wochen“ und verlangte die Einhaltung der geltenden Regeln.
Regelmäßige verpflichtende Tests von Personal und Besucherinnen sowie Besuchern sollen die alten Menschen besser schützen, sagte Holetschek. Auch Geimpfte und Genesene müssten sich testen lassen. Die Tests in Heimen bleiben kostenlos, der Bund kommt dafür auf. Die Verantwortung für die Umsetzung der Testkonzepte haben die Heime. Die Länder bestimmen künftig nach Infektionsgeschehen, wann sich auch Geimpfte und Genesene testen lassen müssen.
Geeinigt haben sich die Länderminister laut Holetschek auch darauf, dem Pflegepersonal, das für die Versorgung von Covid-19-Patienten zuständig ist, Zulagen zu zahlen oder steuerliche Vergünstigungen vorzusehen. Ein großes Problem auf den Intensivstationen ist der zunehmende Personalmangel.
Gesundheitsminister Spahn forderte schärfere Kontrollen der 3G-Regel, also des Zutritts zu Innenräumen nur für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete. Mit dieser Regel und den Abstandsgeboten wolle man durch den Winter kommen, dann müsse ihre Einhaltung auch kontrolliert werden, sagte er. Erstmals habe man unter den Bundesländern einen einstimmigen Beschluss herbeigeführt, dass sie, wo nötig, regional die 2G-Regelung einführen können, sagte Spahn. Einige Länder tun das bereits, etwa Baden-Württemberg. Ungeimpfte sind dann vom Besuch öffentlicher Einrichtungen weitgehend ausgeschlossen.
In dem einstimmigen Beschluss der Gesundheitsminister ist vorgesehen, dass die Älteren, medizinisches und pflegerisches Personal sowie Menschen mit Vorerkrankungen am schnellsten Auffrischungsimpfungen bekommen sollen, diese aber „grundsätzlich allen Personen angeboten werden“. Spahn sagte, boostern müsse die Regel werden. Es sei vereinbart worden, dass die Impfungen in den Arztpraxen verabreicht werden, die Länder aber auch eigene Angebote machen, etwa mit mobilen Impfteams oder auch der Wiedereröffnung von Impfzentren.
Eine Impfpflicht für Pflegepersonal lehnen die Ministerinnen und Minister ab. Im Vorfeld der Gesundheitsministerkonferenz hatte es darüber eine scharfe Debatte gegeben. Pflichtimpfungen waren etwa vom Landkreistag und dem Hausärzteverband gefordert worden, nachdem es in mehreren Altenpflegeheimen Corona-Ausbrüche mit Toten gegeben hat und das Pflegepersonal nur zum Teil geimpft war. Berufs- und Branchenverbände lehnen eine Impfpflicht ab. Dem aktuellen Wochenbericht des Robert Koch-Instituts zufolge gab es in der vergangenen Woche Corona-Ausbrüche in 135 Alten- und Pflegeheimen gegenüber 122 Einrichtungen in der Woche zuvor. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, forderte „Klarheit und eine Entscheidung“ über eine Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen.
Das Robert Koch-Institut hatte am Freitag mit 37.210 Corona Neuinfektionen einen neuen Höchststand an Ansteckungen im Verlauf eines Tages gemeldet. Es können aber Nachmeldungen vom Feiertag Allerheiligen dabei sein. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg von 154,5 am Donnerstag auf 169,9 am Freitag. Sie gibt an, wie viele Menschen unter 100.000 Einwohnern sich binnen sieben Tagen mit dem Virus infiziert haben.