Münster (epd). Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat per Dekret die katholische Gemeinschaft „Totus Tuus Neuevangelisierung“ aufgelöst. Mit dieser Entscheidung sei die Glaubensgemeinschaft kein nach dem Kirchenrecht anerkannter kirchlicher Verein mehr und dürfe sich nicht länger als katholische Vereinigung bezeichnen, teilte das Bistum am Freitag mit. Genn begründete die Entscheidung mit einem sektenähnlichen Charakter. „Durch einen personenfixierten und unreflektierten Leitungsstil wurde ein Klima begünstigt, das Spiritualität quantifiziert, Kritik zum Ausweis mangelnder geistlicher Reife erklärt und ein geschlossenes Elitedenken befördert hat“, schreibt der Bischof.
„Totus Tuus“ war den Angaben zufolge im Bistum Münster als privater Verein von Gläubigen seit 2007 kirchlich anerkannt und deutschlandweit aktiv. Die Gemeinschaft, die bisher unter der Aufsicht von Bischof Genn stand, hat nach eigenen Angaben 135 Mitglieder.
Das Bistum hatte 2017 eine Prüfung der Aktivitäten und Vereinsstruktur von „Totus Tuus“ (lateinisch „Ganz Dein“) eingeleitet, nachdem es Kritik von Kirchenmitgliedern an der Gemeinschaft gegeben hatte. Auf eine erste Untersuchungsphase folgte für die Gemeinschaft ein fast zweijähriger begleiteter Gesprächs- und Aufarbeitungsprozess, der mit einem Abschlussbericht im November 2020 endete, wie es hieß.
Grenzverletzendes Verhalten sei als solches nicht identifiziert worden, schreibt Genn in dem Dekret. Auch Hinweise auf Straftaten oder sonstiges rechtliches Fehlverhalten wurden demnach nicht gefunden. Jedoch hätten sich „schwerwiegende Mängel“ insbesondere darin gezeigt, dass Leitung und geistliche Begleitung in der Gemeinschaft nicht voneinander getrennt gewesen wären, erklärte der Bischof. Er warf den Verantwortlichen von „Totus Tuus“ vor, dass sie „nicht willens, bereit und in der Lage sind, die im Bericht erkannten gravierenden Missstände auch abzustellen“.
„Im Bistum Münster gibt es auch bei geistlichem Missbrauch, worunter ein grenzverletzendes Verhalten im seelsorglichen Kontext und ein spiritueller Machtmissbrauch in kirchlichen Gemeinschaften zu verstehen ist, eine Haltung der Null-Toleranz“, betonte der Bischof. Mitarbeitende im pastoralen Dienst des Bistums Münster werde jede Mitwirkung oder Mitgliedschaft untersagt, der Vereinigung selbst jede Form von Veranstaltungen oder Aktivitäten in der Diözese verboten.