Berlin (epd). Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihr Unverständnis gegenüber nicht geimpften und zugleich unvorsichtigen Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen zum Ausdruck gebracht. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch in Berlin, es sei „besonders erschütternd“, dass es dort erneut zu Todesfällen komme. Jeder müsse in seinem Verantwortungsbereich alles tun, um zu verhindern, dass sich in den Einrichtungen Tragödien wie im vergangenen Jahr wiederholten. Dass ungeimpfte Mitarbeiter in Pflegeheimen ohne tagesaktuellen Corona-Test in Kontakt mit Heimbewohnern seien, „das kann man ja im Grunde kaum verstehen“.
Der scheidende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht für Beschäftigte in der Pflege ebenfalls eine „moralische Pflicht“ zur Impfung gegen das Coronavirus. Einer gesetzlichen Impfpflicht für diesen Bereich steht er aber kritisch gegenüber. Er habe die Sorge, dass gerade in Regionen mit geringen Impfquoten sich die ungeimpften Pflegekräfte selbst im Falle einer Verpflichtung nicht impfen lassen würden. „Wenn 50 Prozent des Pflegepersonals sagt, dann bin ich hier weg, dann haben wir ein Problem.“
Spahn sprach sich aber für verpflichtende Testkonzepte für Pflegeheime unabhängig vom Impfstatus aus - diese sollten auch für geimpftes und genesenes Personal sowie für die Besucherinnen und Besucher gelten. Er werde bei der Gesundheitsministerkonferenz am Donnerstag und Freitag in Lindau dafür werben. „Ich möchte das Sterben in den Pflegeheimen nicht noch einmal erleben müssen wie im letzten Winter.“
Einem Corona-Ausbruch in einem Seniorenheim in Schorfheide am Werbellinsee waren zuletzt elf Bewohnerinnen und Bewohner zum Opfer gefallen. Medienberichten zufolge soll nur die Hälfte des dortigen Pflegepersonals geimpft sein. Einige Bundesländer wie Brandenburg verschärfen aktuell die Testpflichten für das Personal von Pflegeheimen und Kliniken, andere wie Baden-Württemberg praktizieren das schon seit einiger Zeit.
Laut wöchentlichem Lagebericht des Robert Koch-Instituts vom vergangenen Donnerstag hat es seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 mehr als 6.500 Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gegeben. 23.850 Menschen seien dabei ums Leben gekommen. Aktuell nehme die Zahl der Ausbrüche in diesen Einrichtungen wieder zu: So habe es zuletzt in einer Meldewoche 122 Ausbrüche mit neu übermittelten Fällen gegeben.
Merkel hält indes auch generell stärkere Kontrollen der sogenannten 3G-Regelung für denkbar sowie weitere Einschränkungen für Nicht-Geimpfte. Dass die Einhaltung der Zugangsregeln einige gar nicht interessiere, mache dem Virus den Weg frei, sagte ihr Sprecher Seibert. Nur wenn die Regeln eingehalten und auch kontrolliert werden, werde für die ganze Gemeinschaft ein guter Schutz erreicht.
Er betonte, dass es nach Haltung der Kanzlerin auch angesichts steigender Zahlen von Infizierten und Corona-Patienten in Krankenhäusern keine weiteren Beschränkungen für Geimpfte geben soll. Wenn sich die pandemische Lage weiter zuspitze, seien weitere Beschränkungen nur bei Nicht-Geimpften möglich. „Das führt dann logisch zur 2G-Regel“, sagte Seibert.
Während bei der 3G-Regel auch tagesaktuell auf das Coronavirus negativ getestete Personen Zugang etwa zu Restaurants erhalten, können bei 2G nur Geimpfte und Genesene eintreten. Einige Bundesländer würden über diese Ausweitung nachdenken.
Laut einer Umfrage der Hamburger Uni-Klinik Eppendorf sind derweil 78 Prozent der Geimpften bereit für eine weitere Impfung gegen Covid-19 (Booster-Impfung). Unter den über 65-Jährigen sei die Bereitschaft mit 89 Prozent noch höher.