In polarisierenden gesellschaftlichen Debatten kann die Kirche nach Ansicht des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière ein gutes Beispiel geben mit einer versöhnenden statt spalterischen Herangehensweise. De Maizière äußerte sich auf einer Veranstaltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin. Mit der Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, diskutierte der CDU-Politiker über die EKD-Publikation "Vielfalt und Gemeinsinn", die zuvor der Öffentlichkeit vorgestellt worden war.
De Maizière sagte, die Schrift beschreibe aus theologischer Sicht die Haltung, mit der Christen sich in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen einmischen. Was für die Gesellschaft daraus folge, dazu fehlten ihm in der Schrift aber konkrete Aussagen. Sie lasse offen, wer was mit wem aushandele und insbesondere, wo Grenzen zu setzen seien, etwa bei Diskriminierung, sagte de Maizière. Frühere Denkschriften der Kirche hätten sich mit politischen Forderungen an die ganze Gesellschaft gerichtet, wobei ihm persönlich dies teils zu weit gegangen sei, sagte der 67-Jähriger Politiker, der auch der Präsident des Evangelischen Kirchentags 2023 in Nürnberg ist.
In der Publikation mit dem Titel "Vielfalt und Gemeinsinn" wirbt die EKD für mehr Kompromissbereitschaft in der Gesellschaft und unterstreicht die Bedeutung der Kirche für den Zusammenhalt. Die Balance zwischen Vielfalt und Gemeinsinn ergebe sich nicht von selbst, heißt es in dem Papier.
Die Publikation stammt aus der Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD, der neben Theologen auch Juristen, Wissenschaftler und Politiker angehören. Sie geht der Frage nach, wie Interessen unterschiedlicher Gruppen am besten in Ausgleich gebracht werden können und geht damit zum Teil auch auf die Debatten um "Identitätspolitik" und Geschlechtergerechtigkeit ein.