Berlin (epd). Um hohe Renditen zu erwirtschaften, schaden Profi-Investoren dem deutschen Pflegeheim-Sektor. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie über die Aktivitäten von Private-Equity-Firmen, die die gemeinnützige Organisation Finanzwende Recherche veröffentlicht hat. Studien-Mitverfasser Marcus Wolf sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Die Finanztricks, die wir nachgewiesen haben, sollte man stärker unterbinden. Sie bringen nichts für eine nachhaltige Aufstellung des Pflegesektors.“ Daran müssten alle politischen Parteien ein Interesse haben, erklärte Wolf.
Die Studie mit Beispielen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien zeigt, dass das Vorgehen der Investoren überall ähnlich ist und dazu führt, dass bis zu zehn Prozent der Mittel für die Pflege in privaten Taschen landen. In Deutschland sind das die Leistungen der Pflegekassen für die stationäre Pflege, Steuergelder und die Zahlungen der Heimbewohnerinnen und -bewohner. „Wir haben uns die drei großen Ketten in Deutschland angeschaut, die Private-Equity-Investoren gehören und haben ähnliche Tricks gefunden wie in anderen Ländern“, erklärt Wolf. Es sei zu erwarten, dass Private-Equity-Fonds nach der Corona-Pandemie in Europa weiter auf Einkaufstour gehen, weil sie große Summen investieren können. Inzwischen seien auch ambulante Pflegedienstleister in den Fokus der Profi-Investoren geraten, warnt Wolf.
Private Equity-Firmen sind Unternehmen, die Gelder von Dritten in einem Fonds bündeln, um sie profitabel zu investieren. Solche Firmen kaufen Unternehmen in jedem beliebigen Sektor und wenden dabei Finanz- und andere Techniken an, um die Erträge so hoch wie möglich zu treiben. Nach dem Kauf von Pflegeheim-Ketten durch die Profi-Investoren werden beispielsweise fast immer die Immobilien verkauft und an die Heimbetreiber rückvermietet. Außerdem werden die Heime mit den hohen Schulden aus der Kreditaufnahme für den Kauf belastet. Das erhöht den Kostendruck.
Wolf zufolge „sehen die Investoren, dass viel Geld in die Pflege fließt und dass sie ein Zukunftsmarkt ist“. Zum anderen nutzen sie finanzmarkt- und pflegepolitische Regulierungslücken, „etwa wenn nicht kontrolliert wird, ob die Gelder der Pflege zugutekommen oder in Luxemburg landen“.
Der Gesetzgeber könne „bestimmten Akteuren unmöglich machen, Heime zu betreiben“, sagte Wolf. Dazu solle er Transparenz einfordern über die Finanzflüsse: „Wenn die hundertprozentige Muttergesellschaft in Luxemburg sitzt, dann darf die eigens gegründete GmbH vor Ort das Pflegeheim eben nicht führen.“ Es sei erschreckend, dass häufig keine Informationen vorlägen darüber, welche Heime Private-Equity-Firmen gehören. Außerdem werde auch nicht systematisch überprüft, ob die Pflegequalität mit der Eigentümerschaft zusammenhänge, kritisiert Wolf: „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Pflege leidet, ist höher, wenn Gelder an Aktionäre oder in Schattenfinanzzentren abfließen.“