Berlin (epd). Durch Sparmaßnahmen wegen der Corona-Krise sind Hilfsorganisationen zufolge Millionen Menschen in Westafrika von Hunger und Armut bedroht. Kürzungen der Staatsausgaben könnten die soziale Ungleichheit massiv verschärfen und dabei besonders Frauen treffen, heißt es in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Bericht von Oxfam und Development Finance International (DFI). Demnach planen 14 der untersuchten 16 Länder in Westafrika, ihre Staatshaushalte in den nächsten fünf Jahren um insgesamt 26,8 Milliarden US-Dollar zu kürzen, um die durch die Pandemie bedingten Verluste auszugleichen.
Statt zu investieren, fielen westafrikanische Regierungen in die in Verruf geratene Sparpolitik der 1980er Jahre zurück, erklärte die Oxfam-Regionaldirektorin für Westafrika, Assalama Dawalak Sidi. Matthew Martin, Direktor der Beratungsfirma DFI, erklärte, die Pandemie habe gezeigt, dass es einen dringenden Bedarf an Investitionen in öffentliche Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit gebe. Westafrika stehe nach der Corona-Pandemie an einem Scheideweg, an dem sich die Ungleichheit verschärfe oder ein Sanierungsplan umgesetzt werde, der den Menschen helfe.
In dem Bericht werden unter anderem die Steuer- und Finanzpolitik sowie die Ausgaben während der Coronakrise von 16 westafrikanischen Ländern analysiert. So plant die Regierung von Sierra Leone beispielsweise Einschnitte in öffentliche Ausgaben, die dem 2,5-fachen Gesundheitshaushalt des Landes entsprechen. Frauen sind laut dem Bericht von Kürzungen besonders stark betroffen, weil sie häufiger in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten und den Großteil der unbezahlten Pflege- und Sorgearbeit leisten. Würden die Steuern in den Ländern in den kommenden fünf Jahren um ein Prozent erhöht, wären die geplanten Kürzungen von 26,8 Milliarden US-Dollar nicht nötig.
Die Zahl der Covid-19-Infektionen war in Westafrika niedriger als in anderen Regionen der Welt, die Pandemie hat dort vor allem wirtschaftliche Folgen. Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge gingen rund sieben Millionen Arbeitsplätze verloren. Rund 60 Prozent der Befragten in acht Ländern gab in Umfragen an, wegen der Einschränkungen während der Krise Einkommenseinbußen erlitten zu haben. Wegen fehlender Impfstoffe ist ein Ende der Krise in vielen Ländern noch nicht in Sicht. Bisher sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) weniger als vier Prozent der Menschen in Westafrika vollständig geimpft.