Berlin (epd). Deutschland steht laut Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier außen- und sicherheitspolitisch vor einer „Wegscheide“. Beim Zentralen Abschlussappell zur Würdigung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr sagte er am Mittwoch in Berlin mit Blick auf die Rückeroberung des Landes durch die Taliban: „Der Fall von Kabul war eine Zäsur.“ Deutschland sei gezwungen, „über unsere Verantwortung in der Welt, unsere Möglichkeiten und deren Grenzen neu und selbstkritisch nachzudenken“.
Dabei wären Resignation und Rückzug „die falsche Lehre“ aus Afghanistan, fügte er hinzu. Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik müsse ehrlicher, klüger und stärker werden. Deutschland müsse lernen, seine eigene Kraft zu erfassen und zu nutzen - und zugleich ihre Grenzen zu kennen. In einer Demokratie gehe das nur, indem alle - politische Parteien, Medien, Expertinnen und Praktiker - ohne ideologische Vorbehalte oder Scheuklappen miteinander darüber diskutierten, was die deutschen Interessen seien und wofür Deutschland einstehen könne und wolle.
In diesen „instabilen Zeiten“ investiere Deutschland mehr in seine Verteidigung. „Und das ist richtig so“, betonte der Bundespräsident. Die Bundeswehr brauche gute Ausrüstung und funktionierende Strukturen, weil das Land eine funktionierende Bundeswehr brauche. „Unser Werben für eine starke, regelbasierte Friedensordnung, unser konkretes Bemühen um die Entschärfung von Konflikten kann nicht aus einer Position der Schwäche heraus gelingen, jedenfalls nicht in der Realität dieser Welt.“ Steinmeier unterstrich: „Wir brauchen eine starke Bundeswehr.“
Er würdigte den Einsatz der Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan. „Die Bundeswehr hat all das ausgeführt, was ihr die Politik aufgetragen hat.“ Die 59 deutschen Soldaten, die in Afghanistan ihr Leben ließen, hätten den höchsten Preis gezahlt, den ein Soldat im Auftrag seines Landes zahlen könne. „Wir stehen tief in ihrer Schuld.“