Köln, Koblenz (epd). Der Sozialwissenschaftler Stefan Sell warnt vor einer weiteren Verschärfung des Pflegenotstands. Trotz Veränderungen etwa bei Tarifen seien Krankenhauspflege und Altenpflege seit Jahren „auf einer Rutschbahn nach unten“, sagte der Direktor des Instituts für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung an der Hochschule Koblenz am Mittwoch im „Morgenecho“ bei WDR 5. Bestehende Probleme wie etwa der Personalmangel würden seit vielen Jahren beklagt, gleichzeitig verschärften sich die Probleme weiter. Von vielen Experten werde „dringend darauf hingewiesen, dass wir eigentlich einen großen Sprung nach vorne machen müssten“.
Pflegeorganisationen forderten etwa eine deutliche Anhebung der Vergütung, denn die Löhne in verschiedenen Pflegebereichen seien sehr unterschiedlich, sagte Sell zum Auftakt des Deutschen Pflegetages, der bis Donnerstag in Berlin stattfindet. „Das ist nicht die einzige Lösung, sondern es ist ein wichtiger Baustein.“ Nur wenn jetzt klare Signale auch an jüngere Menschen gesendet würden, dass die Bedingungen deutlich besser werden, habe man die Chance, den „Riesenbedarf“ an Personal auch nur ansatzweise decken zu können.
„Es muss ein Signal ausgehen von der Politik“, erklärte der Sozialwissenschaftler. „Wir werden deutlich mehr Geld in die Hand nehmen müssen.“ Einerseits denke er dabei an Steuergelder, andererseits aber auch an eine finanzielle Eigenbeteiligung derjenigen, die sich das leisten können. „Aber man muss den Menschen auch sehr deutlich machen: Wir reden hier nicht über eine Milliarde mehr, oder zwei“, sagte Sell. Es gehe um einen zweistelligen Milliardenbereich, der zusätzlich zu den aktuellen Ausgaben finanziert werden müsse.