Gütersloh, Berlin (epd). Eine kombinierte Reform von Ehegattensplitting und Minijobs könnte einer Studie zufolge mehr als 100.000 Jobs für Frauen bringen. Die Umwandlung des Ehegattensplittings in ein „Realsplitting“ und eine Reform der Minijobs könnte 124.000 Menschen in Arbeit bringen, davon 108.000 Frauen, erklärte die Bertelsmann Stiftung bei der Vorstellung einer neuen Studie am Mittwoch in Gütersloh. Frauen würden durch die Kombination aus Ehegattensplitting und steuer- und abgabenfreien 450-Euro-Jobs auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Für sie lohne sich häufig die Aufnahme einer substanziellen Beschäftigung kaum, hieß es.
Von 7,6 Millionen Ehefrauen im Alter von 25 bis 60 Jahren verdienen den Angaben zufolge rund drei Viertel weniger als ihr Partner. Diese litten darunter, dass - anders als beim Minijob - bei einer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung nicht nur Sozialabgaben, sondern auch Einkommenssteuer anfalle. Diese liege wegen des Ehegattensplittings über dem üblichen Eingangssteuersatz von 14 Prozent - die Ehefrau zahlt den gleichen Steuersatz wie ihr höher verdienender Mann.
Beim Realsplitting würden beide Eheleute separat veranlagt, allerdings dürfte ein begrenzter Betrag in Höhe von knapp 14.000 Euro auf die Partnerin übertragen werden, hieß es. Durch die geringere Steuerlast würde sich die Aufnahme oder Erweiterung der Beschäftigung für die Zweitverdienerin lohnen, erläuterte die Stiftung.
Minijobs sollten in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden, schlägt die Stiftung weiter vor. Bereits ab dem ersten Euro sollten Arbeitnehmer demnach Sozialabgaben zahlen, allerdings mit einem anfangs sehr geringem Beitragssatz, der die volle Höhe bei einem Bruttoeinkommen von 1.800 Euro monatlich erreicht. Nach den aktuellen Regelungen müssen Beschäftigte mit einem Verdienst von bis zu 450 Euro zwar keine Abgaben und Steuern zahlen. Ab dieser Grenze steige jedoch die Belastung durch Sozialversicherungsabgaben sprunghaft an.
Es müsse gelingen, Frauen und Mütter aus der „Zweitverdienerinnenfalle“ zu befreien, sagte die Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung, Manuela Barisic. Ein erheblicher Teil des Arbeitskräftepotenzials von Frauen werde aktuell nicht voll ausgeschöpft. Im Zuge des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels könne Deutschland sich „dies nicht mehr leisten“, so Barisic. Eine kombinierte Reform könne zudem helfen, Geschlechterunterschiede auf dem Arbeitsmarkt zu reduzieren.
In der Studie „Raus aus der Zweitverdienerinnenfalle“ haben Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die volkswirtschaftlichen Effekte von unterschiedlichen Reformen berechnet.