Berlin (epd). Antisemitismus ist nach Meinung des Rockmusikers Gil Ofarim in den vergangenen Jahren immer salonfähiger geworden. „Ich bin säkularer Jude, ich bin weder strenggläubig, noch fromm, noch orthodox, noch geh' ich einmal die Woche in die Synagoge, noch trage ich jeden Tag eine Kippa. Und trotzdem wurde ich verbal angegangen“, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag). Wie müsse es erst Menschen gehen, die diese Religion leben und die beispielsweise Kippa tragen?, so Ofarim.
Der Musiker war vergangene Woche nach eigener Aussage im Leipziger Westin Hotel antisemitisch beleidigt worden, weil er sichtbar einen Davidstern trug. In einem millionenfach aufgerufenen Instagram-Video hatte der 39-Jährige danach Antisemitismus-Vorwürfe gegen das Hotel erhoben. Das Hotel kündigte an, den Fall aufzuklären und suspendierte einen Hotelmitarbeiter. Auch die Polizei ermittelt in dem Fall.
Am Dienstag will Ofarim in München bei der Polizei Angaben machen. Dann wolle er auch Anzeige gegen einen Hotelmitarbeiter stellen, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk“. Der Mitarbeiter der Rezeption, den Ofarim beschuldigt, hatte selbst vergangene Woche Anzeige gegen den Sänger gestellt, unter anderem wegen Verleumdung.
Ofarim betonte, ihm sei der Fall genau so widerfahren, wie er geschildert habe. Er sei nach wie vor sprachlos und schockiert darüber, weil der Angriff nicht von rechts außen oder links außen gekommen sei, sondern aus der Mitte der Gesellschaft. Dass es ausgerechnet an einem Ort passiert sei, an dem jeden Tag Menschen aus aller Welt eincheckten, hätte er nicht gedacht, sagte er.
Der Sohn der israelischen Musiklegende Abi Ofarim (1937-2018) war vergangene Woche Montag zu einem Dreh in Leipzig und wollte danach im Westin Hotel einchecken, wie er in seinem zweiminütigen Video schilderte. Dies sei ihm verwehrt worden, weil er eine Kette mit Davidstern trug. Laut seinen Angaben wurde in der Hotellobby gerufen: „Pack deinen Stern ein!“, ein Mitarbeiter soll gesagt haben: „Packen Sie Ihren Stern ein.“ Der Fall sorgt bundesweit und auch international für Empörung.