Berlin (epd). Auf ihre Mail an den Bundespräsidenten nach seiner Weihnachtsansprache im vergangenen Jahr hatte sie keine Antwort bekommen, nun hat sie ein zweites Mal Gelegenheit, dem Mann im höchsten Staatsamt ihre Meinung zu sagen. Ronja Hofmann aus Baden-Württemberg ist am Donnerstag Teilnehmerin des „Takeover Bellevue“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat 150 jungen Menschen zwischen 16 und 24 Jahren den Schlüssel für seinen Amtssitz und das Passwort für seinen Instagram-Account überlassen. Auf großer Bühne wird die 18-jährige Klimaaktivistin nun los, was sie als 17-Jährige schon in ihrer Mail geschrieben hatte: Das Thema Klimawandel kam nach ihrer Ansicht in der Weihnachtsansprache zu kurz.
Zusammen mit weiteren jungen Menschen präsentiert sie Steinmeier unter dem Motto „Heiß, heiß, Baby“ eine alternative Weihnachtsansprache. Monothematisch geht es darin um die Anstrengungen zur Bewältigung der Erderwärmung.
Acht Arbeitsgruppen diskutierten am Donnerstag im Schloss Bellevue und dem angrenzenden Park über verschiedene Themen. Am Nachmittag präsentierten sie ihre Forderungen: Klimaschutz als Schulfach, Wahlrecht ab 16 Jahren, einen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, eine bessere technische und digitale Ausstattung von Schulen - insgesamt wird die Wunsch- und Ideenliste der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ziemlich lang. Ein Thema, das viele Arbeitsgruppen ansprechen, war zudem Diskriminierung.
Mit der Übergabe seines Amtssitzes für einen Arbeitstag wollte Steinmeier den Blick auf die Generation richten, die während der Corona-Pandemie besonders stark zurückstecken musste: Abiturienten, die ihren Abschluss nicht feiern konnten, Erstsemester, die nicht in die Uni konnten, junge Menschen, für die Partys oder Treffen mit mehreren Freunden lange Zeit nicht erlaubt und Demonstrationen schwer möglich waren.
Trotzdem hätte die junge Generation für ihre Anliegen weitergekämpft, schrieb Hofmann nach dem Weihnachtsfest 2020 in der Mail an Steinmeier, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, „kreativ, coronakonform, rücksichtsvoll“. Nur scheine von diesem Engagement in der Politik wenig angekommen zu sein, beklagt sie darin und konstatiert zur Weihnachtsansprache: „Ihre Rede hat mir keine Hoffnung gemacht.“
Die Botschaft von Hofmann und den vielen anderen jungen Menschen scheint beim Staatsoberhaupt angekommen zu sein. Junge Menschen seien keine „passiven Politik-Erdulder“, sagte Steinmeier am Donnerstag. Sie gehörten nicht nur auf die „Zuschauertribüne der Politik“, sondern sollten selbst mitmachen. Eine zukünftige Bundesregierung werde Antworten auf die Fragen finden müssen, die die junge Generation stelle.
Für Steinmeier hat die Gruppe um Hofmann eine Checkliste für die Weihnachtsansprache dagelassen. Der erste Punkte: Den Fokus auf die Klimakrise legen. Er werde die Punkte berücksichtigen, verspricht Steinmeier zum Abschluss, bittet aber auch um Verständnis, dass in der Ansprache auch andere Themen und Anliegen angesprochen werden müssten. Was Steinmeier auch verspricht, ist das Bemühen um einen weiteren Dialog mit der jungen Generation. Ein nächstes „Takeover“ sichert er mit Verweis auf die Wahl für das Amt des Bundespräsidenten nicht zu. Steinmeiers erste Amtszeit endet im kommenden Jahr. Er selbst hat angekündigt, auch für eine zweite Amtszeit antreten zu wollen. Ob es vor dem Hintergrund der Koalitionsverhandlungen so kommt, scheint derzeit aber nicht sicher.