Stuttgart, Aichtal (epd). Die katholische Diözese Rottenburg-Stuttgart hat am Freitag das Projekt „Friedensglocken für Europa“ gestartet. Im Mittelpunkt stehen Kirchenglocken, die von den Nationalsozialisten im heutigen Tschechien und Polen beschlagnahmt wurden und seitdem in der württembergischen Diözese läuten. Das Bistum biete auf eigene Kosten den Kirchengemeinden im Osten die Rückgabe an, sagte Bischof Gebhard Fürst vor Journalisten in Aichtal bei Esslingen.
Laut Projektleiter Hans Schnieders von der Diözese hatten die Nationalsozialisten insgesamt über 100.000 Kirchenglocken beschlagnahmt, von denen rund 80 Prozent für Rüstungszwecke eingeschmolzen wurden und bei Kriegsende nur noch 16.000 erhalten waren. Davon wurden 1.300, die auf dem „Glockenfriedhof“ im Hamburger Hafen lagerten, von der britischen Militärregierung Kirchengemeinden in Westdeutschland zugewiesen. Insgesamt kamen 67 nach Württemberg.
Die Besonderheit in Aichtal: Dort hängen im Kirchturm der Kirche „Maria Hilfe der Christen“ eine Glocke aus Polen und eine aus Tschechien. Diese wurden am Freitag in einem Festgottesdienst zu Friedensglocken geweiht. An der Feier nahmen neben Fürst der polnische Bischof Jacek Jezierski (Bistum Elblag) und der tschechische Bischof Martin David (Bistum Ostrau-Troppau) teil.
Jezierski sagte vor, die Rückgabe der Glocken an ihre Herkunftsgemeinden werde vor Ort positiv aufgenommen. David sieht in der Rückkehr der Glocken auch ein Symbol für die Gegenwart: „Wir müssen zurückkehren zu dem, was wir gemeinsam haben, zu den christlichen Wurzeln, die unsere Völker haben.“ Glocken würden nie für nur eine Generation gemacht, das Friedensprojekt erinnere deshalb an die „Notwendigkeit der immerwährenden Bemühung um Frieden zwischen den Menschen und den Völkern“.