Fulda, Bonn (epd). Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck plädiert nach den Erfahrungen in Afghanistan dafür, bei Auslandseinsätzen mehr auf die Religion und Kultur des jeweiligen Landes zu achten. „In Bündnisstrukturen sollten wir uns abgewöhnen, zu glauben, wir könnten noch postmoderne Kolonialkriege führen und gewinnen“, sagte der Bischof des Ruhrbistums im Rahmen der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag in Fulda. Zuvor hatte der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing eine radikale Neuausrichtung seiner Kirche gefordert.
Zum Afghanistan-Einsatz sagte der Hildesheimer Bischof und Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Heiner Wilmer: „Die Entwicklung eines Landes muss auf den Menschen des Landes und ihren Perspektiven ruhen.“ Es dürfe nie darum gehen, „unsere Lebensweise eins zu eins zu implementieren.“
„Heute stehen wir vor den Trümmern des internationalen Engagements“, betonte der Hildesheimer Bischof. Nun sei eine Nachdenklichkeit gefragt, „die über die übliche mediale Aufmerksamkeitsspanne hinausreicht“. Es brauche offene und verbindliche öffentliche Diskussionen und Auseinandersetzungen. „Das kann und sollte ungemütlich werden“, sagte er. Dies sei nötig, um die notwendigen Lehren zu ziehen.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick fügte hinzu: „Afghanistan ist nicht vorbei und Afghanistan darf auch nicht vorbei sein.“ Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen warnte vor „einem allzu schnellen Urteil des totalen Versagens“. Der Einsatz in Afghanistan werde sicherlich nicht der letzte dieser Art sein und deswegen brauche es Zeit, um darauf für die Zukunft zu lernen und es besser zu machen.
Zur Reformdebatte in der katholischen Kirche sagte der Bischofskonferenz-Vorsitzende und Limburger Bischof Bätzing: „Wenn wir über Macht und Gewaltenkontrolle in der Kirche, über eine neue Kultur von Leitung und Priestersein, über Frauen in Diensten und Ämtern strittig diskutieren und über den Wert einer orientierenden Morallehre, dann braucht es den Geist und den Mut zur Umkehr.“ Im Eröffnungsgottesdienst zur Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz erklärte er: „Kehrt um! Denkt neu!“
Von vielen Menschen werde das kirchliche Angebot als „anmaßend und übergriffig und angesichts des Missbrauchs obsolet“ zurückgewiesen, so Bätzing zu den Bischöfen: „Wir selbst haben nicht wenig zu solcher Verwechslung und damit zum Misslingen evangelisierender Kommunikation beigetragen.“ Bätzing beobachtet nach eigenen Worten eine wachsende „Distanz zwischen Evangelium und Kultur“. Diese Kluft lasse die Botschaft der Kirchen ins Leere laufen: „Wir reden und laufen im wahrsten Sinn aneinander vorbei“.