Fulda, Bonn (epd). Der Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr, Franz-Josef Overbeck, plädiert nach den Erfahrungen in Afghanistan dafür, bei Auslandseinsätzen mehr auf die Religion und Kultur des jeweiligen Landes zu achten. „In Bündnisstrukturen sollten wir uns abgewöhnen, zu glauben, wir könnten noch postmoderne Kolonialkriege führen und gewinnen“, sagte der Bischof des Ruhrbistums im Rahmen der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag in Fulda. Das sei eine Einsicht, die er auch seit längerem versuche, politisch zu vermitteln.
Ähnlich äußerten sich der Hildesheimer Bischof und Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Heiner Wilmer. Die kurzfristigen westlichen Interessen hätten in Afghanistan zu einer verengten Politik beigetragen. „Die Entwicklung eines Landes muss auf den Menschen des Landes und ihren Perspektiven ruhen“, sagte er. „Es darf nie darum gehen, unsere Lebensweise eins zu eins zu implementieren.“ Es müsse zusammen mit den Menschen vor Ort erarbeitet werden, wie eine menschenwürdige Gesellschaft aussehen könne.
„Heute stehen wir vor den Trümmern des internationalen Engagements“, betonte der Hildesheimer Bischof. Nun sei eine Nachdenklichkeit gefragt, „die über die übliche mediale Aufmerksamkeitsspanne hinausreicht“. Es brauche offene und verbindliche öffentliche Diskussionen und Auseinandersetzungen. „Das kann und sollte ungemütlich werden“, sagte er. Dies sei nötig, um die notwendigen Lehren zu ziehen.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick fügte hinzu: „Afghanistan ist nicht vorbei und Afghanistan darf auch nicht vorbei sein.“ Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen warnte vor „einem allzu schnellen Urteil des totalen Versagens“. Der Einsatz in Afghanistan werde sicherlich nicht der letzte dieser Art sein und deswegen brauche es Zeit, um darauf für die Zukunft zu lernen und es besser zu machen.
Als eine der Lehren nannte Schick allerdings, dass neben der Absicherung eines Landes auch der Friedensdienst beginnen müsse. „In Afghanistan ist dieser zweite Aspekt zu kurz gekommen“, betonte er. Zwar seien Bildungsmöglichkeiten erschlossen, Frauen gefördert sowie ein Kranken- und Sozialdienst aufgebaut worden. Jedoch gehörten zu einem Friedensdienst auch politische Strukturen und politische Bildung. Während es in Afghanistan ein ethnologisches Ansinnen hätte sein müssen, die Stämme zu verbinden, sei es wiederum im afrikanischen Mali wichtig, einen interreligiösen Dialog herzustellen.