Frankfurt a.M. (epd). Vor der Herbstvollversammlung der katholischen deutschen Bischöfe fordert der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz einem Medienbericht zufolge, das bisherige Verfahren zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern zu stoppen. Das Verfahren führe zu zahlreichen Retraumatisierungen bis hin zu Krankenhausaufenthalten, weil es intransparent und ungerecht sei, zitiert die Zeitschrift „Publik Forum“ (Sonntag/Online) aus einem Brief des Beirats an die 27 Diözesanbischöfe und die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles. Die viertägige Herbstvollversammlung beginnt am Montag in Fulda.
Das Anerkennungssystem lasse „in erheblichem Maße Transparenz und damit Nachvollziehbarkeit vermissen“, heißt es laut Bericht in dem Schreiben. Viele Bescheide fielen für die Beteiligten unverständlich und unangemessen gering aus. Das Ziel, Verantwortung durch eine angemessene materielle Anerkennung des Leids zu übernehmen, werde durch das derzeit bestehende System konterkariert.
Auf der Herbstversammlung vor einem Jahr hatten sich die Bischöfe darauf verständigt, bis zu 50.000 Euro an Missbrauchsbetroffene zu zahlen. Das seit Anfang des Jahres laufende Verfahren sieht vor, dass auch Betroffene Anträge stellen können, die bereits in einem früheren Verfahren Geld erhalten hatten. Im Juni gab die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen bekannt, dass 1.136 Anträge eingegangen seien. Bis zu diesem Zeitpunkt waren den Angaben zufolge 142 Fälle entschieden.
Bischofskonferenz-Sprecher Matthias Kopp zeigte Verständnis dafür, „dass die Bearbeitungsdauer der Anträge problematisiert wird“. Er gehe davon aus, dass die Beschleunigung bei der Verfahrensabwicklung „im Herbst spürbar“ werde, sagte er zu „Publik Forum“. Bei der Herbstversammlung der Bischöfe würden die Probleme diskutiert.
Schwerpunkt der Vollversammlung ist der Stand des 2019 begonnen Reformprozesses Synodaler Weg, bei dem es unter anderem um die Rolle der Frauen und um Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche geht. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Sonntag): „Alle in der katholischen Kirche wissen, dass Reformen nötig sind, nicht zuletzt um Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu gewinnen.“ Zentrales Anliegen dabei sei, Strukturen in der Kirche zu bauen, „die zukünftig ein Missbrauchsgeschehen weitestgehend ausschließen“.
Die Aufarbeitung der bekannten Fälle habe hohe Priorität, fügte der ZdK-Präsident hinzu. Auf diesem Weg sei noch eine Menge zu tun. „Die Aufarbeitungskommissionen sind noch nicht in allen Bistümern besetzt“, kritisierte er. „Auch die Betroffenenräte können noch nicht überall arbeiten. Ohne die Betroffenen ist Aufarbeitung jedoch unmöglich.“
Sternberg forderte außerdem mehr Frauen in Führungspositionen der katholischen Kirche. Dass das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz seit Juli erstmals von einer Frau, der Theologin Gilles, geführt wird, sei „ein sehr gutes und wichtiges Signal“, sagte er. Es sei ein Zeichen für Veränderungsbereitschaft innerhalb der katholischen Kirche.
Auf diesem Weg müsse es in der katholischen Kirche weitergehen, führte der ZdK-Präsident aus. Nicht alle Führungsaufgaben erforderten eine priesterliche Weihe. Sie könnten deshalb schon jetzt mit Frauen besetzt werden. „Gleichzeitig muss die Debatte darüber weitergeführt werden, welche theologischen Argumente im Jahr 2021 noch tragen, die Frauen weiterhin von der Weihe ausschließen.“