UN-Kommission: Justiz in Venezuela an Verbrechen beteiligt

UN-Kommission: Justiz in Venezuela an Verbrechen beteiligt

Berlin, Genf (epd). Der UN-Menschenrechtsrat hat der Justiz in Venezuela Parteilichkeit vorgeworfen. Wiederholte Verstöße gegen Verfahrensstandards zeigten eine Justiz, der es an Unabhängigkeit mangele und die schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Regierungsgegner unkontrolliert zulasse, heißt es im am Donnerstag veröffentlichten Bericht einer Untersuchungsmission, die vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzt wurde. In den vergangenen Jahren hätten Staatsbedienstete, darunter auch einige hochrangige, ungestraft Verstöße und Verbrechen begehen können.

Die Untersuchungen hätten hinreichende Beweise dafür geliefert, „dass Richter und Staatsanwälte mit zunehmendem politischen Druck durch ihre Handlungen und Unterlassungen eine wesentliche Rolle bei schweren Verstößen und Verbrechen gegen tatsächliche und vermeintliche Gegner gespielt haben“, erklärte die Vorsitzende der Mission, Marta Valiñas. Das venezolanische Justizsystem müsse dringend reformiert werden.

Der Bericht listet zahlreiche Vergehen auf. So hätten Staatsanwälte durch Folter verfälschte Informationen vorgelegt, die von Richtern als Beweismittel zugelassen worden seien. In einigen Fällen hätten Richter nicht rechtmäßige Inhaftierungen gedeckt, indem sie nachträglich Haftbefehle ausgestellt haben. Verteidiger seien schikaniert und Angeklagte unter Druck gesetzt worden, sich durch öffentliche Verteidiger anstelle ihrer Anwälte vertreten zu lassen. Bei mehreren Gefangenen wurde die erste Anhörung mehr als 20 Mal verschoben. Einige Gefangene verbrachten bis zu vier Jahre in Untersuchungshaft - das Doppelte der gesetzlichen Höchstdauer.

Der Bericht stützt sich den Angaben zufolge auf 177 Interviews der Experten mit Beschäftigten im Justizwesen sowie auf Umfragen unter ehemaligen venezolanischen Richtern, Staatsanwälten und Strafverteidigern. Außerdem wurden 183 Verhaftungen detailliert analysiert, etwa jeweils die Hälfte der Inhaftierten waren Militärs und Zivilisten. Auch prüfte die Mission mehrere im Jahr 2020 dokumentierten Fälle, bei denen der Geheimdienst Menschen kurzzeitig verschwinden ließ, folterte und sexueller Gewalt ausgesetzte. Es seien keine Beweise gefunden worden, dass in diesen Fällen gegen hochrangige Beamte ermittelt wurde, heißt es in dem Bericht.