Hannover (epd). Die Betreiber kulturtouristisch bedeutender Burgen, Schlösser und Gärten in Deutschland sehen sich angesichts von Corona-Krise und Klimawandel vor existenziellen Herausforderungen. „Teilhabe am kulturellen Erbe ist ein Menschenrecht, daher ist der Erhalt dieses Erbes eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betonte der Vorsitzende des Vereins „Schlösser und Gärten und Deutschland“, Michael Hörrmann, am Donnerstag in Hannover. „Wir sind das Land der Schlösser und der großen und kleinen Residenzen“, sagte er nach der Jahrestagung des Vereins in den Herrenhäuser Gärten. Auch deshalb sei Deutschland gemessen an der Zahl der kulturinteressierten Gäste das Kulturreiseland Nummer eins in Europa.
Allerdings habe die Pandemie zu großen Besuchereinbrüchen geführt. Besonders die internationalen Gäste blieben fern. Im Vergleich zu 2019 seien es immer noch weit weniger als die Hälfte, sagte Hörrmann. Bereits jetzt sei absehbar, dass die Besucherzahlen von 2019 auch 2022 noch nicht wieder erreicht werden könnten.
Die Tagungsteilnehmer waren sich einig, dass die Betreiber und Besitzer künftig neue Zielgruppen ansprechen müssten, etwa indem sie Natur- und Kulturtourismus miteinander verbinden. Auch der Tourismus mit Fahrrad und Wohnmobilen sei ein Trend, von dem Schlösser und Gärten profitieren könnten.
Die Trockenheit der vergangenen Jahre habe viele Gärten und Parks nachhaltig geschädigt und bedrohe auch viele historische Gebäude, erläuterte der Vorsitzende. Die gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels dürften allerdings nicht dazu führen, den Besitzern und Betreibern historischer Monumente unnötige finanzielle Lasten aufzubürden, mahnte der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein. Etwa zwei bis drei Prozent der Gebäude in Deutschland seien denkmalschutzwürdig und sollten von den Auflagen zur energetischen Sanierung befreit werden, da sie mit dem Denkmalschutz oft unvereinbar seien.
In barocken Schlossanlagen seien etwa eine zusätzliche Dämmung der Wände, Solarpanele oder Isolierglas-Fenster meistens undenkbar, erläuterte Sayn-Wittgenstein. Denkmalpflegerisch problematisch seien auch Windräder in der Nähe landschaftlich besonders schön gelegener Burgen und Schlösser. Angesichts des europäischen „Green Deals“ sei es wichtig, auf solche Probleme immer wieder hinzuweisen.
In der Corona-Krise zeige sich, dass noch nicht bei allen relevanten Behörden und Ministerien ausreichendes Wissen über die deutschen Schlösser und Gärten vorhanden sei, fasste der Vorsitzende Hörrmann zusammen. In Niedersachsen wäre etwa eine staatliche Schlösserverwaltung hilfreich, wie es sie bereits in Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg gebe.
Die 67 Mitglieder des Vereins betreuen und besitzen 385 Monumente mit rund 18 Millionen Besuchern im Jahr. Zu ihnen gehören staatliche, kommunale und private Träger. Der Verein versteht sich als Interessenvertretung und Netzwerk.