Berlin (epd). Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat eine Corona-Impfempfehlung für alle Zwölf- bis 17-Jährigen ausgesprochen. Nach gegenwärtigem Wissensstand würden die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen, teilte die Stiko am Montag in Berlin mit. Unverändert solle die Impfung nach ärztlicher Aufklärung erfolgen. Die Impfung bei Kindern und Jugendlichen dürfe jedoch nicht zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begrüßte die Entscheidung.
Die Stiko komme zu dem Schluss, „dass auch im jungen Alter der Nutzen einer Corona-Schutzimpfung überwiegt“, erklärte Spahn. „Das ist eine gute Nachricht. Eltern und Jugendliche haben damit eine klare Empfehlung, sich für die Impfung zu entscheiden.“ Die Fakten sprechen dem Minister zufolge für die Impfung: Ausreichend Impfstoff für alle Altersgruppen sei da, „wenn gewünscht, kann eine Impfung diese Woche noch stattfinden“.
Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hatte bereits am 2. August den Weg für ein flächendeckendes Angebot an Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren geebnet. Seit Juni können Kinder ab zwölf Jahren zwar grundsätzlich gegen das Coronavirus geimpft werden. Dazu gab es bislang aber keine allgemeine Empfehlung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI). Dies hatte viele Eltern verunsichert.
Der Vorsitzende der Stiko wies Vermutungen zurück, die Kommission habe sich in der Frage der Impfungen für Kinder über zwölf Jahren politischem Druck gebeugt: „Das ist objektiv Unsinn“, sagte Thomas Mertens den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Montag, Print Dienstag). „Wir haben die Empfehlungen deshalb aktualisiert, weil mittlerweile deutlich mehr Daten und Erkenntnisse zur Impfung von Kindern ab zwölf Jahren vorliegen“, erklärte Mertens.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach begrüßte die Änderung der Impfkommission als überfällig: „Die Stiko hat sehr lange mit ihrer Empfehlung für Kinder gewartet.“ Damit habe sie es für viele Kinder über zwölf Jahren schwer gemacht, eine Impfung zu erhalten, sagte Lauterbach der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag). Er hoffe nun, dass es bald auch für Kinder unter zwölf Jahren einen Impfstoff gibt. Zugleich forderte Lauterbach mehr Druck auf Erwachsene, sich impfen zu lassen.
Wie die Stiko am Montag erklärte, könnten auf der Grundlage neuer Überwachungsdaten, insbesondere aus dem amerikanischen Impfprogramm mit nahezu zehn Millionen geimpften Kindern und Jugendlichen, mögliche Risiken der Impfung für diese Altersgruppe jetzt zuverlässiger quantifiziert und beurteilt werden. Die sehr seltenen, bevorzugt bei jungen männlichen Geimpften im Zusammenhang mit der Impfung beobachteten Herzmuskelentzündungen müssten als „Impfnebenwirkungen“ gewertet werden.
„In der Mehrzahl der Fälle wurden die Patienten mit diesen Herzmuskelentzündungen hospitalisiert, hatten jedoch unter der entsprechenden medizinischen Versorgung einen unkomplizierten Verlauf“, hieß es. Zudem seien bisher keine Signale für weitere schwere Nebenwirkungen nach mRNA-Impfungen aufgetreten, also mit Vakzinen von Biontech/Pfizer oder Moderna, insbesondere auch nicht bei Kindern und Jugendlichen.