Berlin, Havanna (epd). Kubas Staatschef Miguel Díaz-Canel hat die Anti-Regierungsproteste als Aktion gegen die Einheit des kubanischen Volkes verurteilt. Eine Gruppe von Söldnern habe versucht, die Regierung und die Revolution zu diskreditieren, sagte Díaz-Canel am Montag (Ortszeit) in einer TV-Ansprache laut kubanischen Medien. Am Sonntag waren Tausende Kubaner in verschiedenen Städten auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung und die schlechte Versorgungslage zu protestieren. Es waren die größten Proteste gegen die Regierung seit 1994, als Kuba nach dem Zusammenbruch des Ostblocks ebenfalls eine schwere Wirtschaftskrise durchlebte.
Vor dem Kapitol in Havanna versammelten sich Hunderte Menschen und skandierten „Freiheit“ und „Nieder mit der Diktatur“. Die Polizei setzte Tränengas ein, Hunderte Menschen wurden festgenommen, wie Amnesty International auf Twitter bestätigte. Erika Guevara Rosas, AI-Direktorin für Amerika, berichtete von Menschen mit Schussverletzungen, willkürlichen Verhaftungen sowie Bedrohungen von Journalisten. Die Proteste zeigten, dass die herrschenden Eliten, insbesondere der Geheimdienst, die Mobilisierungs- und Widerstandsfähigkeit der kubanischen Gesellschaft unterschätzt hätten, schrieb sie auf Twitter.
Kuba durchlebt derzeit eine schwere Wirtschaftskrise mit Stromausfällen, einem Mangel an Lebensmitteln sowie fehlenden Einnahmen aus dem Tourismus. Gleichzeitig macht der Karibikinsel die Corona-Pandemie mit sprunghaft gestiegenen Infektionszahlen zu schaffen. In fast allen Regionen Kubas gilt eine nächtliche Ausgangssperre.